SEXUALITÄT - ANGST - SIEG ÜBER DIE ANGST

 

Einleitung

Angst kommt vom lateinischen Wort "angustus", d. h. "Enge". Wir kennen das Wort z. B. vom Herzinfarkt, "angina pectoris". Dieses Bild des Herzinfarktes beschreibt wahrscheinlich auch genau den Zustand, den wir Menschen momentan in dieser apokalyptischen Zeit erleben. Wir fühlen uns eingeengt, wie mit einer Zwinge um die Brust, einer Schlinge um den Hals, die immer enger zugezogen wird. Wenn wir in die Gesellschaft schauen, dann erleben wir einen Boom der Psychologie, der Esoterik und der fernöstlichen Heilmethoden. Die Bücherläden werden nur so überschwemmt mit gottfremder Literatur, einer Welt ohne Gott. Wir können feststellen, dass Angstzustände und Gewalt in den Schulen fast zum Alltag geworden sind. Was ist die Ursache? Zahlreiche Menschen suchen Trost und Heilung in der Psychologie, Neurosen, Schizophrenie, manisch-depressive Zustände treten immer häufiger auf in der Welt. Wir erleben in zunehmendem Maße eine Generation, die in Angst lebt, die sich selbst im Kreis dreht, die Situation der Arbeitslosigkeit und des Terrorismus seien hier nur als ein Beispiel erwähnt. Gibt es einen Ausweg, will Gott dass wir in Angst leben? Nein, niemals, weil die Angst niemals von Gott kommt, sondern vom Teufel. Er ist der Urheber jeder Angst und es ist sein erstes Mittel, mit dem er den Menschen zu Fall gebracht hat. Angst und Zweifel hängen unmittelbar zusammen, weil wir nur in Angst leben, wenn wir an der Liebe Gottes zweifeln, an seiner Hilfe, an seiner Gegenwart in der Schöpfung, in allen Geschöpfen, in der heiligen Kirche.

Wir wollen hier nicht psychologisch argumentieren, sondern vom Wort Gottes her auf die Thematik der Angst eingehen. Nur wenn wir von Gott her verstehen wie es zur Erbsünde kam und was "Sünde" eigentlich ist, dann können wir auch verstehen, woher die Angst kommt und wer dahinter steckt. Dazu wollen wir die Erschaffung des Menschen betrachten und die Versuchung im Paradies durch die Schlange (vgl. Gen 2ff, 3ff).

I. Der Mensch als Gottes Bild und Gleichnis

1. Der Mensch als eine reine Familie

 

Wir kommen der Quelle der Angstzustände dieser Welt auf die Spur, wenn wir betrachten, wie Gott den Menschen eigentlich am Anfang geschaffen hat. Gott selbst ist die Liebe und die Liebe selbst kennt keine Angst:

"Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht hinaus. Die Furcht ist ja auf Bestrafung gerichtet; der aber in Furcht lebt, ist nicht vollkommen in der Liebe (1. Joh 4,18)."

Dieses Wort des Hl. Apostels Johannes ist ein "Schlüsselsatz", mit dem wir in das Geschehen im Paradies eintauchen können. Wir können hier drei wesentliche Merkmale erkennen.

 

1. Die Liebe Gottes ist vollkommen und will nur Barmherzigkeit

2. Der Mensch hatte die Vollkommenheit der Liebe verloren (Furcht vor Strafe)

3. Die Liebe Gottes hat die Furcht (vor Strafe) durch ihre Vollkommenheit wieder besiegt

Genau das können wir im Buch Genesis bei Adam und Eva beobachten. Der Mensch wurde von Anfang an als ein Abbild Gottes geschaffen, zuerst Adam und dann als Hilfe die Frau, Eva, beide geschaffen um "ein-Fleisch"zu werden. Tatsache war, dass sie sich, obwohl sie nackt waren, nicht voreinander schämten. Beide hatten also keine Angst vom anderen "falsch" angesehen zu werden. In ihnen war die reine Liebe Gottes, sie waren eins mit der Liebe des Heiligen Geistes.

Um den Erlösungsplan Gottes zu verstehen, ist eines besonders wichtig. Das Kommen des Reiches Gottes ist analog zu unserem eigenen Weg in die Welt (von Empfängnis bis zur Geburt). Dieser Weg ist der Weg der Auferstehung. In der Mutter vollzieht sich das Geheimnis der Auferstehung. Bei Gott gibt es weder Raum noch Zeit oder ein Geschlecht. Gott selbst hat Eigenschaften wie Vater, Mutter und Kind. Das Einswerden von Mann und Frau zeugt im Zeitlichen nach Gottes Vorsehung ein Kind. Die Analogie besteht darin, dass Gott in sich selbst ebenfalls eine Einheit von drei Personen in einer Person ist. Diese eine Person, in der zwei Personen eins werden ist der Hl. Geist, die Person der Liebe.

Gott ist in sich selbst "ewiger Liebesaustausch" (TLA) und "ewiges Zeugen" (TLA) und eine "ewige Auferstehung".

Der Mensch ist dazu berufen an diesem Geheimnis teilzuhaben durch die geschlechtliche Vereinigung. In die Sexualität ist dieses Geheimnis eingeschrieben und wie Gott seine Kirche sowohl geistig als auch leiblich aufbaut, so baut der Geist den Leib auf und ist die Offenbarung des geistigen Geheimnisses. Die Familie, sichtbar im Leib, offenbart das Geheimnis der Hl. Dreifaltigkeit. Gott hat seinen ewigen Bund im Heiligen Geist am Anfang in den Menschen gelegt und in das "ein-Fleisch-werden" von Mann und Frau (Adam und Eva). Sie waren rein und sollten sich auch rein geschlechtlich vereinigen und reine Kinder zeugen. Gott hat den Menschen aus Liebe erschaffen um sich selbst zu vermehren in den Menschen. Er wollte eine universale Familie aufbauen, die Kirche. Die Kirche war von Anfang an dieser Plan. Der Plan Gottes bestand immer darin alle Menschen zu einer Familie zu machen. Aus dem einen Geheimnis des "ewigen Liebesaustausches" und des "ewigen Zeugens" geht jede geschlechtliche Vereinigung und jedes Zeugen eines Kindes hervor. Aus dem Geheimnis der Auferstehung geht jedes Geheimnis der Geburt hervor. Wir verstehen oft nur einen Teil der ganzen Wahrheit und vergessen, dass in den Plan Gottes unmittelbar die Mutterschaft eingebunden ist, weil das Zeugen, der Aufbau und das Kommen des Reiches Gottes sich analog wie eine Schwangerschaft vollzieht. Ohne Mutter können wir deshalb das Reich Gottes und damit die Kirche nicht verstehen. Die Mutter ist der Schlüsselpunkt der Vereinigung zwischen Himmel und Erde, die Kirche ist Mutter. Wer war der Schlüsselpunkt, um die Vereinigung zwischen Himmel und Erde zu ermöglichen? Maria. Was war die Grundlage, um diese Menschwerdung Gottes zu ermöglichen? Die "Unbefleckte Empfängnis", also die Reinheit!  Dieser Plan Gottes, dass eine Frau zu seiner Zeit die Mutter Gottes werden soll, in der Gott sein Geheimnis der universalen Geburt als ein Leib und ein Geist vollenden wollte, war der Grund, warum der höchste Lichtträger Luzifer das "non serviam" aussprach. Es war ein geistiges "Nein" zur Barmherzigkeit Gottes. Die Konsequenz war, dass dieser höchste Engel vom Hl. Erzengel Michael gestürzt wurde. Mit ihm stürzten zahlreiche Hl. Engel. Sie erfuhren die ewige Auferstehung des Gerichtes, d. h. sie haben nicht mehr die Möglichkeit der Sündenvergebung. Diese einmalige Entscheidung gegen Gott, dieses "non serviam" ist für alle Zeiten gesprochen. Für die Hl. Engel gilt das Gleiche, sie können nie mehr sündigen, haben die Prüfung bestanden, haben für immer Anteil an der ewigen Auferstehung des Lebens.

 

 

2. Der Kampf zwischen Gut und Böse

 

Was passiert, wenn wir etwas Gutes bekommen hätten können, es ablehnen und nachher erkennen, dass wir es nicht mehr haben können? Ist es nicht so, dass wir dann zornig werden und vor allem neidisch? Woher kommt dieser Neid? Das ist eine wichtige Frage, weil er seinen Ursprung in der gerade beschriebenen Prüfung der Hl. Engel hat. Der geistige Kampf zwischen Gut und Böse wurde nach der Erschaffung des Menschen in die Herzen der Stammeltern gesät. Wenn Gott eine Familie aufbauen will und die Schwangerschaft und Geburt das Geheimnis des Aufbaus des mystischen Leibes der Kirche offenbaren, was wird Satan wohl tun? Er wird als erstes versuchen die Familien zu zerstören, in der die  Kirche aufgebaut wird. Der Hl. Geist braucht immer den Leib als "Sakrament" um dort seine Wohnung aufzuschlagen. In der Kirche ist der Tabernakel und genauso ist in unserem Leib das Herz. Gott braucht immer die Menschen um dort seine universale Familie der Hl. Kirche aufzubauen. Wenn nun die Familie das "Heiligtum des Lebens" (evangelium vitae) ist zum Aufbau der Hl. Kirche, wo greift dann Satan zuerst an, um die Familie zu zerstören? Denken wir an den Schlüsselpunkt! Es ist die Mutter und damit die Frau in der Familie. Er wird als erstes die Mutterschaft angreifen und das Geheimnis der Schwangerschaft, um sich am Plan Gottes zu rächen. Denken wir noch einmal daran, dass das Reich Gottes ebenfalls zuerst gezeugt (empfangen), dann aufgebaut und dann geboren wird in geistiger Weise. Wenn Satan diesen Plan angreifen und zerstören will, sich an Gott rächen will, was tut er?

Er greift das Zeugen (Empfängnis), den Aufbau und die Geburt an. Wie tut er das? Er vollzieht seinen Plan immer auf die selbe Art und Weise. Da der Vater der Lüge die Wahrheit kennt und damit auch den Plan Gottes eine universale Familie zu bilden, die in einem Menschensohn, Jesus Christus, eins wird, weiß er, dass jeder Mensch sich nach dieser Vollendung und Liebe sehnt, weil er von Gott ausgegangen ist und zu ihm zurückkehren soll. Also benutzt er diese innere Sehnsucht nach Gott, täuscht den Plan Gottes (die Wahrheit) vor, der aber im Kern ein Plan des Todes ist. Das ist der Neid des Teufels, mit dem er sich fortlaufend daran rächen will, dass er für immer aus dem Reiche Gottes verbannt ist. Diesen Neid kann er nur über dem Menschen an Gott auslassen, weil Gott dort seine Wohnung aufschlagen will. Der Plan Gottes besteht in der reinen Liebe, dem Hl. Geist. Der Plan des Teufels besteht genau im Gegenteil, der unreinen Liebe, der Begierde. Die Begierde benutzt den anderen. Der Unterschied, sozusagen der Prüfstein für die Unterscheidung der Geister, um zu erkennen, ob etwas Wille Gottes oder Eigenwille ist, ist immer folgender:

 

1. Plan Gottes

==> Wesen der Gedanken, Worte und Werke ist immer die "aufrichtige Selbsthingabe" (TLA)

==> "JA" des Menschen zur Barmherzigkeit Gottes

==> reine Gedanken

2. Plan Satans

==> Wesen der Gedanken, Worte und Werke ist immer die "Besitzerergreifung" (TLA)

==> "Nein" des Menschen zur Barmherzigkeit Gottes

==> unreine Gedanken

 

Der Plan des Feindes besteht darin, dass er den Plan Gottes so verdreht, dass die Barmherzigkeit Gottes schlecht  und sein "Anti-Plan" als gut dargestellt wird.

 

3. Das "WORT" und das "Anti-Wort"

 

Die Mutter ist der Schlüsselpunkt des Geheimnisses Gottes, weil sich in ihr das Geheimnis der Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt vollzieht. So ist auch die Kirche dieser Schlüsselpunkt in geistiger Weise, der sich in leiblicher Weise in jeder Mutter offenbart. In dem Moment, wo die Mutter ihre Mutterschaft nicht mehr lebt, stirbt die Menschheit aus. Schauen wir hier auf die Entwicklung der Weltbevölkerung von der Form der Pyramide (viele Kinder und junge Menschen und weniger alte Menschen) hin zur Pilzform (viel weniger Kinder und Jugendliche und immer mehr ältere Leute). Der erste Grund liegt dabei in der Trennung vom Geheimnis der Kirche als Mutter. Maria ist das "Urbild" der Kirche. Sie war Jungfrau, Mutter und Braut zugleich. Das sind also die "Schlüsseleigenschaften" für den Plan Gottes. Die Jungfräulichkeit, die Mütterlichkeit und die bräutliche Liebe. Die Liebe ist bräutlich, weil sie rein ist in Gott. So sollten sich alle Menschen untereinander lieben und Mann und Frau in der geschlechtlichen Vereinigung.

 

Wenn wir nun auf das Thema der Angst eingehen, so ist diese Unterscheidung notwendig, um zu erkennen, wo die Ängste der Menschheit ihre erste Quelle haben. Sie beginnen nicht erst nach der Geburt, sondern schon von Empfängnis an. Es geht noch weiter, auch das "geistige Erbe" der Ahnen wirkt auf die folgenden Generationen weiter. Denken wir nun einmal an die beiden Weltkriege! Das ist alles noch nicht einmal annähernd gesühnt! So wie es bei den Hl. Engeln zum Kampf zwischen Gut und Böse kam, so geschieht es im Menschen durch den Kampf der Leidenschaften im Herzen. Das Gute ist das Reine, das Böse ist das Unreine. Gott ist reiner Geist, das Böse ist unreiner Geist. Bevor das Wort ein ausgesprochenes Wort oder geschrieben ist, ist es ein Gedanke, eine Idee. Der Kampf zwischen rein und unrein beginnt also immer zuerst in Gedanken! Das ist die Saat Gottes, das WORT, oder die Saat des Teufels, das "Anti-Wort". Gott offenbart sein Geheimnis über den Menschen und hat es in die Geschlechtlichkeit eingeschrieben. Wenn der Mensch vor der Erbsünde vollkommen rein war, dann war auch die Sexualität gänzlich rein. Leib und Seele waren eine vollkommene Einheit. Will nun der Feind sich an Gott rächen, dann greift er zuerst die Einheit des Menschen, sowohl mit Gott und dem anderen Geschlecht als auch im Inneren, an (Leib und Seele). Hier beginnt die Versuchung der Schlange im Paradies, der Angriff auf die "Einheit jener Herzen" (TLA), die dazu berufen waren, ein Leib und eine Seele zu sein. Um zu verstehen, wer der Mensch ist und welchen Weg wir mit Jesus gehen dürfen, ist es notwendig, dass wir den Menschen in drei Zuständen betrachten.

 

1. der ursprüngliche Mensch (vor der Erbsünde)

2. der gefallene Mensch (nach der Erbsünde)

3. der auferstandene Mensch (Erlösung von der Erbsünde)

 

Wir werden die Eigenschaften des Menschen, sowohl geistig als auch leiblich, gegenüberstellen.

 

II. Der Weg des Menschen

 

1. vor der Erbsünde

 

Der Mensch wurde rein erschaffen, ohne Sünde. Gott wollte eine Familie schaffen und gab deshalb dem Menschen (Adam) eine Frau als Hilfe zur Seite (vgl. Gen 2,21-22). Gott hatte einen Bund mit den Menschen geschlossen im Heiligen Geist. Dieser Bund geht aus dem "ewigen Liebesaustausch" von Gott Vater und Gott Sohn im Heiligen Geist, der HL. DREIFALTIGKEIT, hervor und lebt dadurch. Gott legte diesen Bund auch in den Menschen in seiner Einheit von Leib (Mensch) und Seele (Gott).

Diese Reinheit der Liebe im Heiligen Geist war im Menschen, in ihrem Fleisch und Blut. Die geschlechtliche Vereinigung und die Vereinigung mit Gott waren eine Einheit, die menschliche Liebe war eins mit der göttlichen Liebe. Außerdem lebte der Mensch in einer "Willensgemeinschaft" (DCE) mit Gott. Ihr Wille war gleich dem Willen Gottes. Sie kannten das Böse nicht und wollten es auch nicht tun. Gott selbst ist Liebe und seine größte Eigenschaft ist die Barmherzigkeit. Der Mensch war damit auch vollkommen barmherzig und nur aus diesem Grund geschaffen worden. Der Mensch hatte ein reines Herz, ständig offen für die Liebe, und Gottes Liebe vollkommen erkennend, das "sehende Herz"(DCE). Sein Herz war sowohl an Gott als auch an den Nächsten (hier nur der Ehepartner) vollkommen hingegeben und selbstlos. Der Mensch (Adam und Eva) schauten in sich selbst und im Nächsten das Geheimnis Gottes im Leib und damit auch in der Geschlechtlichkeit.

 

Jetzt kommen wir zum Thema der Angst. Der Mensch kannte vor der Erbsünde keine Angst. Warum? Er lebte in völligem Vertrauen in die göttliche Liebe, im Kindsein. Er vertraute seinem Vater wie ein unschuldiges Kind, ganz rein und immer seine Liebe empfangend und frei gebend. Er wusste, dass der Vater ihm alles geben wird und er sich nur "beschenken" zu lassen braucht. Diese Haltung ist die "Offenheit für das Geschenk" und das Vertrauen in die zuvor frei geschenkte Liebe. Diese Liebe ist die vergebende, die barmherzige Liebe. Der Mensch kannte nur diese Liebe. Vergebung heißt im Englischen "Forgiveness", "Vorausgeben". Das war die ursprüngliche Haltung, das Vertrauen auf die vorausgebende Liebe Gottes, die Hingabe. Der Mensch hatte daher auch keine Angst sein Leben zu verlieren. Er wusste, dass Gott ihm alles gegeben hat und er es nicht verlieren kann, weil Gott ewig ist.

Gott hat den Menschen in der Freiheit der Liebe erschaffen. Er gab ihm einen freien Willen. Genau hier ist der Angriffspunkt für den Feind, in der "Freiheit der Liebe". Diese Freiheit bestand für den Menschen vor der Erbsünde in der Wahrheit. Diese Wahrheit heißt: "Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, dass ich es wieder empfange (Joh 10,17)." Der Mensch gibt sich frei und voller Vertrauen, weil er weiß, dass er alles von Gott wieder zurückerhält. Je mehr er gibt, umso mehr empfängt er auch. Der Mensch wollte nichts für sich besitzen, sondern sich nur hingeben und für Gott und den Nächsten da sein.

 

Der Mensch trug in sich das "WORT", den Gnadenkeim des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe (die theologischen Tugenden). Hier werden drei Worte eins: Vertrauen (Hoffnung) in die Treue (Glauben) Gottes in der Trauung (Liebe - Hochzeit). Dieses Wort war am Anfang in ihm der "Baum der Erkenntnis des Guten", den er in sich trug. Dieser Baum ist ein "geistiger Baum", aufgebaut aus dem Wort der Wahrheit. Dieser Baum der Wahrheit war in ihm wie ein "Weinstock". In diesem geistigen Weinstock floss die Gnade Gottes, die Liebe Gottes, so wie im Leib das Blut zirkuliert. Er dachte nur rein im Herzen, redete nur rein und handelte nur rein, also immer in der Einheit mit der Barmherzigkeit Gottes.

Seele und Geist des Menschen waren vollkommen rein. Somit waren auch sein Herz und seine Gedanken vollkommen rein. Die Gefühle des Menschen waren ebenfalls rein, selbstlos. Gott hat in die Geschlechtlichkeit des Menschen sein Geheimnis eingeschrieben und offenbart und darin seine Ordnung der Liebe gelegt. In der ursprünglichen Ordnung de Liebe, der Reinheit, hatte der Mensch keine Angst und er schämte sich nicht. "Beide aber, der Mann und seine Frau, waren nackt; doch sie schämten sich nicht voreinander (Gen 2,25)."

Sie schauten nicht auf das Äußere, sondern auf das innere Geheimnis Gottes im Leib. "Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen (Mt, 5,8)." Ihr Blick war rein und innerlich. Deshalb war auch die Sexualität rein und eins mit der Liebe Gottes. Leib und Seele waren gänzlich geeint, der ganze Mensch war in diese sexuelle Liebe integriert. Die geschlechtliche Vereinigung war daher dazu bestimmt, sie nicht nur biologisch, sondern vor als erstes von Gott her zu leben, theologisch. Theologie (göttliche Liebe) und Biologie (menschliche Liebe) waren eins. Die Theologie steht aber vor der Biologie, so wie der Geist über dem Leib steht (vgl. Joh 6,63).

Gott hat den Menschen als sein Abbild geschaffen. Er hat sein Geheimnis, das im Anfang das Wort war (vgl. Joh 1,1-3), in den Menschen gelegt. Die Theologie offenbart sich folglich in der Biologie! Das ist Theologie des Leibes und der Plan Gottes von Anfang an. Das ist der Plan der Kirche als ein Leib und ein Geist. In der selbstlosen Hingabe an Gott und damit auch den Nächsten hatte der Mensch keine Angst, er war frei. Diese Tatsache, dass der Mensch am Anfang ohne Angst war, geht aus der Ordnung der Liebe hervor, der Reinheit. Er lebte ohne Angst, weil er rein war. Er lebte in der Einheit mit der Liebe Gottes und deshalb ohne Angst. Die Sexualität war eins mit dieser Liebe, rein und deshalb frei und ohne Angst. Der Mensch hatte vor der Erbsünde die Freiheit der Sexualität und nicht nachher! Diese Freiheit besteht darin, in der selben Ordnung der Liebe zu leben wie Gott, die Barmherzigkeit. Die geschlechtliche Vereinigung war von Anfang an dazu berufen die Barmherzigkeit der Liebe Gottes auszudrücken. Jeder Mensch, jede Familie, sollte ein Ausdruck dieser Barmherzigkeit sein. Die Einheit des Bundes des Menschen (Ehe) mit dem "ewigen Liebesaustausch" Gottes in der geschlechtlichen Vereinigung ließ den Menschen ohne Angst leben. Er zweifelte nicht am Geschenk Gottes, er glaubte der Liebe Gottes. Glaube heißt das "Innewerden der Liebe Gottes" (DCE). Diese Haltung drückt Jesus in einem zentralen Satz aus:

"Wer das Gottesreich nicht annimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen (Lk 18,17)."

Deshalb lebte der Mensch ohne Angst. Er war Kind im Herzen, ganz rein und unschuldig. Die Reinheit des Menschen ist das alles umfassende Fundament für die Einheit mit Gott! Darin bestand von Anfang an der Bund Gottes mit den Menschen. In diesem Bund der Liebe gab es keine Angst, keinen Zweifel, kein Misstrauen.

 

Gehen wir noch einmal zurück zum "WORT" und "Anti-Wort". Vor der Erbsünde war im Menschen nur der "dreifache Gnadenkeim" (mulieris dignitatem). Eva war berufen, den Samen Adams zu empfangen und die "Mutter aller Lebendigen" zu sein. Sie war berufen die leibliche Stammmutter der folgenden Generationen zu sein. Diese Mutterschaft war im Anfang jungfräulich. Jede Zeugung, jede Schwangerschaft und jede Geburt wäre rein gewesen und ohne Geburtswehen, ohne Leiden. Eva war vor der Erbsünde "unbefleckt". Die Reinheit ist hier wieder die Ordnung für die Mutterschaft. Im Menschen wohnte aber auch der Gnadenkeim des "Wortes" in geistiger Weise, der "Baum der Erkenntnis des Guten". Bei jeder geschlechtlichen Vereinigung wäre auch die reine Liebe weitergegeben worden und alle Kinder wären rein gewesen. Alle hätten in sich die Liebe Gottes getragen. Das Fleisch wäre eine "wahre Speise" und das Blut ein "wahrer Trank" (vgl. Joh 6,55) gewesen. Wenn die Reinheit die Ordnung der Liebe ist, dann heißt das, dass auch alle Menschen ohne Angst und ohne Leiden gelebt hätten.

 

 

2. nach der Erbsünde

 

a) der innere Kampf

 

Betrachten wir nun das "Anti-Wort". Was wird jetzt Satan tun, um sich an Gott zu rächen, seinen Neid auszulassen? Er wird den Punkt als erstes angreifen, in dem das Geheimnis Gottes eingeschrieben ist, in dem die Ordnung der Liebe bestand von Anfang an: DIE REINHEIT, sowohl in der geistigen Vereinigung als auch in der leiblichen Vereinigung. "Der Geist ist es, der das Leben schafft, das Fleisch nützt nichts (vgl. Joh 6,63)", sagt uns Jesus. Das Gute ist das Reine und Schöne. Wahrheit bedeutet Reinheit. Die Wahrheit ist das Wort Gottes selbst. Der Geist im Wort ist rein. Das "Anti-Wort" ist folglich unrein! Lüge ist das "Anti-Wort". So wie Gott Geist ist, so sind auch Satan und seine Anhänger (Dämonen) Geist. Der Unterschied besteht im Wesen dieses Geistes, dem "Element der Hingabe" oder der "Besitzergreifung". Man könnte auch sagen der selbstlosen Liebe und der Eigenliebe, des Willens Gottes oder des Eigenwillens. Wenn die Saat des Wortes Gottes im "dreifachen Gnadenkeim" liegt, was liegt dann im "Anti-Wort"? Der "dreifache Sündenkeim", der getarnt wird als "dreifacher Gnadenkeim". Es ist die Saat, die die Wahrheit verheißt, aber die Lüge ist. So stürzte der "Vater der Lüge" den Menschen.

Worin besteht dieser Sturz, wie war das möglich, da ja der Mensch gänzlich auf Gott vertraute. Wie oben erwähnt, war der Angriffspunkt für Satan der freie Wille des Menschen, die Freiheit der Liebe. Die Freiheit war im Menschen eingeschrieben und der Mensch lebte vollkommen frei als Kind Gottes, weil er gänzlich an Gott hingegeben war. Das ist der Zustand der Reinheit!

Denken wir noch einmal an die o. g. Worte von Jesus, worin die Liebe des Vaters zum Sohn und des Sohnes zum Vater besteht: "Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, dass ich es wieder empfange (Joh 10,17)." Der Mensch glaubte dieser Liebe, sie war in ihm. Sein Herz war offen für diese Liebe. Die Liebe ist Geist und wird im Leib sichtbar und wirkt durch den Leib als "Sakrament". Wenn das Wesen des "Anti-Wortes" nun "Besitzergreifung" ist, was geschieht dann mit den Worten Jesu. Wir brauchen sie nur ins Gegenteil verkehren, dann wissen wir, worin die Sünde besteht und folglich auch, woher die Angst kommt.

"Der Vater liebt dich nicht, wenn du dein Leben hingibst", sagt die Schlange. Kurz gesagt: "Gott liebt dich nicht, wenn du dich nicht selbst um dein Glück kümmerst". Diese Aussage beinhaltet den geistigen Stolz, das "non serviam". Das Wort Jesu könnte man auch so schreiben: "Deshalb liebt mich der Vater, weil ich ihm allein diene." Jesus sagt uns genau das auch: "Wenn einer mir dient, der folge mir, und wo ich bin wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren (Joh 12,26)."

Die Aussage des "Anti-Wortes" heißt, dass der Mensch Gott nicht mehr dienen sollte und ihn ehren, sondern, dass er dem Vater der Lüge dient und sich selbst ehrt! "Wer aus sich selbst redet, der sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahr und kein Trug ist in ihm (Joh 7,18)."

Der Vater der Lüge ist Satan: "Wenn er die Lüge sagt, so sagt er sie aus dem, was ihm eigen ist; denn ein Lügner ist er und Vater von ihr (Joh 8,44c)." Der Vater der Lüge sagt alles im Wesen, das ihm eigen ist, weil er unreiner Geist ist, nur auf "Besitzergreifung" ausgerichtet, das bedeutet, das Benutzen des anderen für die eigenen Zwecke. Das ist das Gegenteil von Liebe, wie Papst Johannes Paul II. es beschreibt. Der Mensch ist dann keine Person mehr, die geliebt wird und selbstlos liebt, sondern ein Objekt, dass benutzt wird. Daran kann man erkennen, ob etwas rein oder unrein ist.

 

Was tut nun die "Schlange" im Paradies? Wenn der Vater der Dämonen der Vater der Lüge ist, dann ist allen das selbe Wesen zu eigen, die Lüge und die "Besitzergreifung". Sie werden alle auf die gleiche Weise die Menschen verführen wie bei Adam und Eva. Wenn wir diese Versuchung verstehen, dann können wir auch alle anderen Versuchungen unterscheiden, zwischen gut und böse, rein und unrein. Wenn der Geist das Leben schafft, dann kommt durch den falschen Geist auch der Tod. Der Geist Gottes schafft das Leben und dieser Geist ist rein. Wie wir betrachtet haben, ist die Ordnung des Geistes Gottes die Reinheit der Liebe. Die geistige Reinheit bringt auch die leibliche Reinheit, weil sich der Geist über den Leib offenbart und durch ihn wirkt. Das Geheimnis Gottes lag vor der Erbsünde im Menschen. Was tut nun die Schlange, um ihm das göttliche Leben zu rauben, ihn in geistiger Weise zu ermorden, der "Menschenmörder von Anbeginn" (vgl. Joh 8,44b). Er wird sein "Anti-Wort" ("Gott liebt dich nicht") unter dem Wort der Wahrheit tarnen wie ein Wolf im Schafspelz. Gott trug den Menschen auf: "Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, nur vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen (Gen 2,16-17)." Er gab dem Menschen die Freiheit zu essen, aber er gab ihm nicht die Freiheit zu entscheiden, was Gut und Böse ist. Die Freiheit der Liebe ist somit der Angriffspunkt für den Feind:

"O nein, auf keinen Fall, werdet ihr sterben! Vielmehr weiß Gott, dass euch, sobald ihr davon esst, die Augen aufgehen, und ihr wie Gott sein werdet, indem ihr Gutes und Böses erkennt (Gen 3,4-5)."

Hier erkennen wir schon die Lüge. Eva spricht von Gottes Anordnung und die Schlange sagt "NEIN" dazu und bietet ihnen ein anderes Modell der Unsterblichkeit an, nämlich seine Lüge, die "Besitzergreifung". Das ist das "Anti-Wort". Diese "Anti-Saat" empfängt nun Eva in geistiger Weise in ihrem Herzen und bewahrt sie dort (vgl. im Gegensatz Lk 2,19).

 

Was geschieht nun? Denken wir an den dreifachen Gnadenkeim des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Diese drei theologischen Tugenden sind die Grundlage der drei evangelischen Räte, in dessen Zustand sich der Mensch vor der Erbsünde befand. Gehorsam (Glaube), Armut (Hoffnung) und Keuschheit (Liebe). Das geistige "Anti-Wort", der "böse Gedanke" der gelogenen Liebe Satans, bewirkt nun, dass in Eva ein geistiger Kampf losbricht, indem sie sich für das Böse entscheidet. Es entsteht zuerst der Kampf zwischen "Wort" und "Anti-Wort", zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen rein und unrein im Geiste. Dadurch, dass Eva sich dem "Nein" des "Anti-Wortes" zuwendet, es "hört und bewahrt in ihrem Herzen", findet der "Ur-Ehebruch" statt. Dieser geistige Ehebruch hat in Gedanken begonnen und die Quelle ist der unreine Geist, das Böse. Der leibliche Ehebruch bei der geschlechtlichen Vereinigung ist nur die Konsequenz davon. Es begann in Gedanken, dann folgten die Worte und die Werke. Es entfaltet sich wie eine Schwangerschaft: "Hat aber die Begierde einmal empfangen, gebiert sie die Sünde; die Sünder aber gebiert, wenn sie vollbracht ist, den Tod (Jak 1,15)."

Genau das geschieht jetzt in Eva. Sie erfährt die "geistige Schwangerschaft", begonnen durch die Saat des "Anti-Wortes". Sie empfängt es (Zeugung/Zeugnis), bewahrt es (glaubt der Lüge) und tut es (die Geburt der Lüge). In Eva vollzieht sich also auf der einen Seite die "geistige Kreuzigung" des reinen Leibes in ihrem Fleisch und Blut und auf der anderen Seite vollzieht sich die "geistige Geburt" des unreinen Leibes in ihrem Fleisch und Blut. Sie ist gestorben für die Wahrheit und geboren für die Sünde. Da Adam und Eva "ein Fleisch" werden sollten, drückt sich das Menschsein vor allem in ihrer Einheit aus. Sie waren vorher rein, erleuchtet und vereinigt mit Gott.

Jetzt ist die "Anti-Saat" in ihnen: "Gott liebt mich nicht".

 

Was geschieht nun in ihnen, mit den Kräften der Seele, den Sinnen des Leibes und den Regungen des Herzens?

 

b) der "Ur-Ehebruch"

 

Dieses Abwenden von Gott, das "Bezweifeln des Geschenks", (seiner Barmherzigkeit) und die Zuwendung zum Bösen (der Lüge) ist die Sünde. In der Sünde liegt also das Wesen des Misstrauens in Gottes Liebe. Woher kommen nun Ängste? Wann habe ich Angst? Wenn ich nicht vertraue in die Liebe Gottes. Wer vertraut, hat keine Angst und selbst wenn sie immer wieder auftaucht, kann der Betroffene damit umgehen, sie zum Guten lenken. Die Psychologie spricht vom "Ur-Vertrauen". Dieses "Ur-Vertrauen" hatte der Mensch im Zustand der Unschuld vor der Erbsünde. So wie im WORT das "Ur-Vertrauen" im "Ur-Sakrament" der Ehe liegt, so liegt im "Anti-Wort" das "Ur-Misstrauen" im "Ur-Ehebruch". Der Vater der Lüge hatte und hat heute immer noch nur einen Plan, nämlich den Bund mit Gott zu zerstören und die Menschen zu verunsichern, ihnen das Vertrauen in Gottes Liebe zu rauben und sie geistiger Weise zu ermorden. Vertrauen in die Treue des Schöpfers ist untrennbar verbunden mit der Reinheit! Der Feind greift dieses kindliche Vertrauen der Stammeltern an und führt sie ins Misstrauen in die Barmherzigkeit des Vaters. Er gaukelt ihnen vor, dass sie dann erst richtig erkennen werden (gut und böse) und das verunsichert den Menschen. Er hat damit immer den gleichen Plan, nämlich den Menschen in ein "geistiges Dilemma" zu bringen und ihn entscheidungsunfähig zu machen. Wer fest vertraut, trifft auch sichere Entscheidungen, wer zweifelt und misstrauisch Gott gegenüber ist, der ist es auch den Menschen gegenüber. Die Gottesbeziehung spiegelt sich in der Beziehung zum Nächsten wieder und umgekehrt. Die Beziehung zum Menschen ist abhängig von der Beziehung zu Gott. Dienen wir dem Vater der Lüge, dann sind auch unsere Beziehungen gelogen und nicht rein, dienen wir Gott mit reinem Herzen, dann ist auch unsere Beziehung zum Nächsten rein und frei.

 

Satan wollte von Anfang an den Bund des Menschen mit Gott brechen um sich an Gott zu rächen (Neid, für immer verbannt zu sein). Was er selbst jetzt nicht mehr bekommt (Barmherzigkeit Gottes) gesteht er jetzt auch den Menschen nicht zu und rächt sich dort fortlaufend. In der Seele des Menschen bekämpfen sich Gut und Böse, rein und unrein. Dieser Kampf wird am Leib sichtbar und trägt sich im Herzen im Kampf der Leidenschaften aus.

 

1) Es kommt als erstes zum "geistigen Ehebruch" mit Gottes Liebesbund im Heiligen Geist.

 

Das "Bezweifeln des Geschenks" bewirkt die Absonderung von Gott (Sünde kommt von "absondern"), die Trennung von seiner Liebe. Erkenntnis heißt im biblischen Sinn "vereinigen" und "lieben". Dieses "Zweifeln" führt auch dazu, dass die Erkenntnis der Liebe erlischt, weil der Mensch sich von Gott getrennt und dem Bösen zugewandt hat in der Verblendung durch Satan. Der freie Wille wurde dem Menschen zum Verhängnis.

In ihm ist jetzt ein falsches Gottesbild!

2) Es kommt zum "geistigen Bruch" im Menschen

Die Einheit von Leib und Seele in der Liebe Gottes wird gebrochen. Der Mensch erkennt sich selbst nicht mehr als Abbild Gottes und weiß nicht mehr, wer er ist. Er erfährt eine Verdunkelung seiner Persönlichkeit und hat keinen Bezug mehr zu sich selbst. Er ruft im Geiste: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen (vgl. Mk 15,34)?" Im Menschen ist das Leiden auf moralischer Ebene, der "Schmerz der Seele" (salvifici doloris), der sich auch im Schmerz des Leibes äußert. In ihm ist jetzt ein falsches Selbstbild!

3) Es kommt zum "geistigen Ehebruch" zwischen Mann und Frau

Durch die geistige Verunreinigung verändern sich die Sinne von Eva und dann auch von Adam. Was geschieht hier? Der Hl. Geist ist jetzt nicht mehr im Fleisch und Blut von Mann und Frau. Das Licht fehlt ihnen, die innere Erkenntnis. "Die Leuchte deines Leibes ist dein Auge. Ist dein Auge klar, ist auch dein ganzer Leib im Lichte; ist es aber schlecht, ist auch dein Leib im Finstern. Gib darum acht, dass nicht das Licht, das in dir ist, Finsternis sei (Lk 11,34-35)."  Genau das ist passiert. Das Licht in ihnen wurde eingehüllt in den Schleier der Lüge, wie das innere des Samenkorn in die feste Schale außen herum. Das "innere Auge", der "geistige Blick", ist jetzt nicht mehr klar und deshalb erkennen sich Adam und Eva auf eine andere Art und Weise in ihrer Leiblichkeit. Sie erkennen sich nur noch fleischlich im Wesen dessen, der diese Saat in sie gelegt hat, im Wesen der Lüge. Diese gelogene Liebe ist die Begierde. Durch den Verlust dieses "inneren Blicks" verliert der Leib seinen Glanz, das Kleid der Unschuld. "Da gingen beider Augen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenlaub zusammen und machten sich Schürzen daraus (Gen 3,7)." 

Mann und Frau schämen sich plötzlich voreinander, weil in ihnen die Sünde ist. In ihnen ist auch ein falsches Bild vom Nächsten und der Umwelt.

Warum schämen sie sich? Weil dieser Zustand für sie völlig unnormal ist und unnatürlich. Erst im Laufe der Zeit gewöhnt sich der Mensch an diesen Zustand der Sünde und empfindet ihn als normal (wenn sein Gewissen nicht mehr mahnt). Der Feind benutzt dann der Zustand der ursprünglichen Nacktheit des Menschen als einen neuen Wert (FKK, Sauna usw.), erwähnt aber dabei nicht, dass der Mensch dabei nicht ohne Sünde bleibt, weil in ihm die Begierde ist.

Durch den Verlust des Lichtes im Leib kommt auch die Verunreinigung der Geschlechtlichkeit. Da in die Geschlechtlichkeit die Ordnung der Reinheit eingeschrieben war, ist jetzt die Un-Ordnung der Lüge eingeschrieben.

Der "geistige Ehebruch" besteht also im "Nein" zur Barmherzigkeit Gottes, zum frei gewährten Geschenk des Lebens. Die Taktik, die der Vater der Lüge anwendet ist die der "Vermeidung", der Ablehnung von Gottes selbstloser Liebe.

 

Wie verhalten sich nun Adam und Eva nach diesem "geistigen Nein" zum Bund in der reinen Liebe mit Gott und zum "Ja" der gelogenen Liebe (der Begierde - Lust) Satans?

Gott ruft Adam im Paradies: "Wo bist du?" Adam antwortet darauf: "Dein Geräusch hörte ich im Garten; ich hatte Scheu; denn nackt bin ich ja; daher versteckte ich mich (Gen 3,9-10)."

Adam hat Angst vor Gott, er versteckt sich vor ihm, hat Berührungsängste. Warum versteckt er sich denn vor Gott? Er hat die Vertrautheit mit Gott in seinem Inneren verloren. In ihm ist ein falsches Gottesbild eingeprägt, das Bild des strafenden Gottes, sonst hätte er sich ganz frei Gott gegenüber gestellt. Gott frägt ihn nun: "Wer tat dir kund, dass du nackt bist (Gen 3,11)?" Adam weiß jetzt, dass er nackt ist. Sein Blick und sein Bewusstsein im Leib haben sich verändert. Er sieht den Leib nicht mehr als Geheimnis Gottes und daher versteckt er sich auch vor Gott. Sein Blick ist äußerlich und fleischlich, gelogen. Am Verhalten, auf die Frage hin, ob er vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen habe, kann man nun erkennen, was das "Anti-Wort" bewirkt im Menschen.

Adam war vor der Erbsünde rein und damit in der dienenden Haltung. Das Wort "Demut" beinhaltet die beiden Worte "Dienen" und "Mut". Adams Haltung ist jetzt genau umgekehrt! Er dient nicht mehr, sondern nachher kommt das "Beherrschen" in die Welt. "Und doch steht dein Begehren nach deinem Manne, er aber soll herrschen über dich (Gen 3,16b)." Er ist nicht mehr mutig, sondern feige, er hat Angst vor Gott, vor seiner Liebe und Barmherzigkeit. Er hat Angst bestraft zu werden. Was bewirkt dieses Bild des strafenden Gottes nun in ihm? Wie antwortet er auf die Frage des barmherzigen Gottes?

"Die Frau, die du mir als Gefährtin gegeben, hat mir vom Baume gereicht, und ich aß (Gen 3,12)."

Gott hat Adam einen freien Willen gegeben, d. h. er hat sich selbst für die Lüge entschieden, gibt aber der Frau die Schuld. Er gesteht sich nicht ein, dass er einen Fehler gemacht hat und gibt auch noch Gott die Schuld und lehnt  Gottes Barmherzigkeit ab!

Genauso handelt Eva: "Die Schlange hat mich betört, und ich aß (Gen 3,13)." Daran kann man erkennen, dass jetzt der Vater der Lüge in ihrem ganzen Wesen Wohnung genommen hat. Auch Eva lehnt die Barmherzigkeit Gottes ab aus Angst vor Strafe. Diese Haltung zeigt jetzt hier die Haltung des Stolzes! Gleichzeitig sind beide habsüchtig und unkeusch. Dem "dreifachen Gnadenkeim" ist jetzt der "dreifache Sündenkeim" entgegengesetzt. Des Gehorsams, der Armut und der Keuschheit stehen nun der Stolz, die Habsucht und die Fleischeslust (vgl. 1. Joh 2,16) gegenüber. "Feindschaft will ich stiften zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen (vgl. Gen 3,15)."

Das Bild des strafenden Gottes (des gerechten Gottes) wurde vom "Anti-Wort" aus Neid in die Herzen von Adam und Eva gesät, weil Luzifer die Gerechtigkeit Gottes für immer erfahren hat und keinen Anteil mehr hat an der Barmherzigkeit Gottes. 

Das falsche Gottesbild kommt von der Saat, "Gott liebt dich nicht!". Diese geistige Lüge ist nun im Menschen und wirkt sich im Fleisch aus im Kampf der Leiden-schaften (dem Kampf zwischen Gut und Böse).

Warum hat der Mensch nun Angst? Weil er dem "Anti-Wort" Glauben geschenkt hat. Dort ist die erste Wurzel aller Leiden und aller Angst zu finden. Die Befreiung von jeder Angst kann daher nur über den umgekehrten Weg führen, den Weg der Erlösung durch Jesus Christus, durch das "Wort", die fleischgewordene Barmherzigkeit.

 

4) Ablehnung der Leiblichkeit

Der Vater der Lüge wollte von Anfang an die Einheit des Menschen mit Gottes Liebe brechen. Der "geistige Ehebruch" wirkt sich auf den Leib aus, weil der Geist das Leben schafft und die Theologie über den Leib sichtbar wird. Was bedeutet das für den Leib und die Angst? Die Sexualität ist der Ausdruck des Geheimnisses der Hl. Dreifaltigkeit, des reinen Bundes im Heiligen Geist. Die Ordnung ist die Reinheit. Der Feind führte den Menschen zum "geistigen Ehebruch" und die Angst war in der Welt. Die Angst kam durch den Hochmut des "non serviam" in den Menschen. Dieses "Nein" ist eine Ablehnung der Liebe Gottes. Dieses "Nein" ist zuerst ein geistiges Nein, dass sich aber im Leibe offenbart, d. h. im ganzen Menschen. Dieses "Nein" wird auf geistlicher Ebene, d.h. in der Seele des Menschen, gespeichert. Kenneth McAll, ein Psychiater und Chirurg aus England, beschreibt in dem Buch, "Familienschuld und Heilung", dass bereits in der ersten Woche nach der Empfängnis des Kindes dieses "geistige Nein" (z. B. geplante Abtreibung, sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, Gewalt usw.) im Gedächtnis des Kindes gespeichert ist. Es wirkt sich auch später auf das Kind aus. Das "Ja" zur Unreinheit (Lüge) und das "Nein" zur Reinheit (Wahrheit) in geistiger Weise führte bei Adam und Eva dazu, dass sie das Gleiche im Leibe taten, in der geschlechtlichen Vereinigung. Deshalb sagte Jesus: "Ihr Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; sondern weint über euch selbst und über eure Kinder! Denn seht, es werden Tage kommen, an denen man sagen wird: Selig die Unfruchtbaren und die Leiber, die nicht geboren, und die Brüste, die nicht genährt haben (Lk 23,28-29)!"

 

Der "geistige Ehebruch" vollzog sich auch leiblich, im "fleischlichen Ehebruch". Zuerst kommt immer die Verführung und Vergiftung im Geiste, dann folgen die Taten. Der Ehebruch ist zuerst geistiger Natur, in Gedanken, dann erst folgt er im Leib. "Ein jeder, der eine Frau anblickt mit begehrlicher Absicht, hat schon die Ehe mit ihr gebrochen in seinem Herzen (Mt 5,28)." Genau das ist der "geistige Ehebruch", die bösen Gedanken im Herzen. "Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein ...denn wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund (Mt 6,21;12,34)."

Wenn das Herz voll ist von bösen Gedanken (Gedanken der Lüge), dann folgt auch die Unreinheit im Leibe, in der Geschlechtlichkeit. Wir wissen von obiger Betrachtung, dass dieser "geistige Ehebruch" die Angst und das Leiden in die Welt brachte. Jesus gab uns deshalb das Sakrament der Ehe, damit Mann und Frau die Ordnung der Liebe in der geschlechtlichen Vereinigung wieder leben können, wie sie am Anfang geplant war. Wenn nun Mann und Frau in der Ehe diese Ordnung verlassen oder sich außerhalb der Ehe geschlechtlich vereinigen, dann dienen sie dem Vater der Lüge und die Angst nimmt mit jedem Mal zu in der Welt. Diesen Zusammenhang der Unreinheit in der Geschlechtlichkeit und der zunehmenden Angst erwähnt keiner, weil der Feind alles verschleiert, damit wir es nicht erkennen. Wie viele Menschen leiden an schwersten Psychosen, Schizophrenie, Depressionen, weil die Mutter bei ihrer Empfängnis kein Kind wollte, weil der Ehemann oder ein anderer Mann sie missbraucht, vergewaltigt oder geschlagen hat. Denken wir nur einmal an die beiden Weltkriege. Jedes Verlassen der Ordnung der Reinheit in der geschlechtlichen Vereinigung (auch in der Ehe) bedeutet ein "geistiger Bruch" mit Gott und das Zunehmen der Angst in den Herzen der Menschen. Das "geistige Nein" wirkt sich automatisch auf die Psyche der Menschen aus und auf den Leib. Die Ablehnung der Liebe Gottes im Herzen von Mann und Frau bei der geschlechtlichen Vereinigung führt mehr und mehr dazu, dass die Menschen ihre Leiblichkeit nicht mehr verstehen und sich abgelehnt fühlen. Die geistige Ablehnung von Empfängnis an führt zu Ängsten, Berührungsängsten und Ablehnung der eigenen Leiblichkeit! Denken wir jetzt an die verschiedenen Krankheiten wie Bulimie, Esssucht, Schneiden usw. Hier ist oft ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Verwundung der Sexualität während der Schwangerschaft (einschließlich Empfängnis). Die so schweren Verwundungen der Kinder, noch vor ihrer Geburt, werden viel zu wenig berücksichtigt. Das Gleiche gilt für die geistigen Verwundungen, die wir von den Vorfahren geerbt haben.

 

Weitere Krankheitsbilder finden sie unter, "Die geistige Wurzel", die auf Verwundungen der Sexualität hinweisen.

 

 

III. Die Erlösung des Menschen

 

1. Umwandlung im Leiden Christi

 

Nachdem wir nun betrachtet haben, wie der Mensch am Anfang von Gott geschaffen war, wie er gefallen ist durch das "Bezweifeln des Geschenks" und welche Konsequenzen dies nach sich zog, können wir nun ganz einfach an den Worten Christi erkennen, dass er nur unser Heil will und niemals das Verderben oder gar Strafe. Gott selbst will alle seine Kinder wieder zu dem Zustand zurückführen, in dem sie am Anfang waren, in die Reinheit der Liebe und der vollkommenen Gemeinschaft mit ihm, "damit sie alle eins seien wie du, Vater, in mir und ich in dir, dass sie eins seinen in uns damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast (Joh 17,21)".

 

Der Auftrag des Vaters an seinen Sohn bestand darin, die Menschheit im Fleisch von der Sünde zu erlösen, weil die Sünde den Leib der Menschen "geistig gekreuzigt" hat. Er war ohne Gnade, ohne die Liebe Gottes. Was ist das Gegenteil vom Bezweifeln des Geschenks? Der Glaube an das Geschenk.

Gott zeigt uns an der Menschwerdung seines Sohnes, wie der Mensch von Anfang an geplant war und wie wir Gottes Liebe empfangen sollen. Wir sollen sie so empfangen wie Maria.

Desweiteren zeigt er uns, dass wir einen Weg der Reinigung zu durchlaufen haben und geht uns diesen Weg voraus. Er zeigt uns den Weg aus der Sünde und Sklaverei, der darin besteht die eigenen Leiden mit seinen Leiden zu vereinen, sich im Leiden der Liebe Gottes hinzugeben, damit das eigene Ego, das nur die "Besitzergreifung" will, stirbt. Dieser Weg der Liebe ist das "Sterben des Weizenkorns".

Jesus geht bis an die "transzendentalen Wurzeln" (salvifici dorloris), den "moralischen Schmerz" der Seele im "geistigen Raum der Beziehungen" (salvifici doloris), was durch keine Psychologie oder irgendeine andere Therapie erreicht werden kann. Ängste sitzen oft ganz tief im Menschen verwurzelt. Nur Christus konnte als Sohn Gottes bis zu dieser Wurzelsünde zurückgehen im Geiste, weil er der Anfang und das Ende ist. Jesus ist das fleischgewordene Wort und dieses Wort war vor dem "Anti-Wort", also kann auch er diesen "Anti-Plan" mit seinem Plan der Barmherzigkeit besiegen und die Menschen davon erlösen.

 

Was bedeutet das für die Angst? Die Angst war die Konsequenz des Bruches des Bundes mit Gott. Die Verunreinigung durch die bösen Gedanken (non serviam) brachte die Angst in die Welt. Im Zustand der Reinheit hatte der Mensch keine Angst. Was bedeutet das für uns? Wenn wir mit Jesus den Leidensweg gehen und seine Liebe unsere Leiden (z. B. Angst) durchdringen, dann werden wir gereinigt und die Angst (die vom Wesen der "Besitzergreifung" kommt) wird durch die selbstlose Hingabe besiegt. Der Mensch hat diese Kraft nicht von sich aus, vor allem bei Ängsten. Der Zustand dieser Menschen ist oft so depressiv und tiefsitzend, oft auch selbstbemitleidend, dass sie sich immer wieder um die eigene Angst drehen, weil sie keinen anderen Zustand mehr kennen. Diese Angst muss in die erlösende Liebe Christi gehoben werden, aufgeopfert werden. Dazu dient die Hl. Messe, die Hl. Beichte. Dies kann auch stellvertretend geschehen, wenn der Betroffene das nicht mehr selbst tun kann. Jeder gläubige Christ kann das (Glauben heißt tun, was Gott sagt). Auch der Gelähmte im Evangelium konnte nicht mehr selbst zu Jesus gehen, aber andere haben ihn durch das Dach zu Jesus gehoben, sie haben stellvertretend für den Kranken geglaubt und Jesus heilte ihn, nachdem er ihm die Sünden vergeben hat. Hier sollte die erste Quelle der Angst beschrieben werden. Krankheiten und Leiden können verschiedene Ursachen haben, z. B. persönliche Sünde oder Generationenschuld, mangelnde Beachtung der leiblichen Bedürfnisse oder sogar Besessenheit (Umsessenheit). Bei letzterem wäre dann ein Exorzist (Priester und bischöfliche Erlaubnis) notwendig. Auch bei dem Gelähmten vergab Jesus ihm zuerst seine Sünden und dann heilte er ihn. Nachher sagte er ihm, dass er nicht mehr sündigen solle. Die Krankheit hatte offensichtlich mit seinen Sünden zu tun (vgl. Lk 5,17-26).

 

Zwei Dinge werden im Leiden Christi offenbar. Wir haben erstens beim Fall des Menschen betrachtet, dass der "geistige Leib" im Menschen gekreuzigt wurde und gleichzeitig der "Leib der Sünde" in ihm geboren wurde. An die Stelle der  "Hingabe" trat die "Besitzergreifung", statt der Wahrheit die Lüge, der selbstlosen Liebe die Eigenliebe.

Das Leiden Jesu offenbart für uns sichtbar im Fleisch, was damals in geistiger Weise im Menschen geschehen ist, die "geistige Kreuzigung" und der Verlust der göttlichen Gnade, der "geistige Tod".

Zum Zweiten können wir erkennen, wie der Mensch von Gott her am Anfang geschaffen wurde, ohne dass wir Adam und Eva gesehen haben, weil Jesus der eine Menschensohn ist, in dem alle Menschen erschaffen wurden (der neue Adam), gestorben sind und auch wieder auferstehen. Jesus ist in allen drei Stadien des Menschen selbst gegenwärtig durch seine Menschwerdung, seinen Kreuzestod und seine Auferstehung. Dieser Weg ist dadurch der Weg jedes Menschen von seiner Empfängnis an bis zu seinem Tod.

So wie Adam in geistiger Weise gekreuzigt wurde, so erkennen wir das leiblich sichtbar in Jesus Christus. So wie in Adam der "Leib der Sünde" geboren wurde, so ersteht Christus auf und wird neu geboren in der "eucharistischen Geburt" (Papst Johannes Paul II.) beim Letzten Abendmahl. Es ist ein "wundersame Tausch", Gott gibt uns sein göttliches Fleisch und Blut in der Eucharistie und wir geben ihm dafür unser sterbliches Fleisch. Gott Vater lässt in seiner Weisheit die Leiden an seinem Sohn zu, dass sie den Plan des Teufels aufzeigen als "Menschmörder von Anbeginn", aber gleichzeitig seinen Plan der Barmherzigkeit, der über Satan triumphiert bis in alle Ewigkeit.

So wie Eva in geistiger Weise ebenso gekreuzigt wurde und der "Leib der Sünde" in ihr geboren wurde, so lässt sich Maria mit ihrem Sohn freiwillig in geistiger Weise (unblutig) kreuzigen und der "Leib Jesu" wird in ihr geboren. Diesen Leib schenkt sie uns immer wieder in der Hl. Eucharistie, so wie sie in Bethlehem der Welt den Erlöser geschenkt hat.

 

Wir können erkennen, dass Gott eine klare Linie und eine Ordnung hat, die sich in ihm selbst nie geändert hat. Auch trotz aller Leiden ist Gott nie unbarmherzig geworden oder hat die Menschen im Stich gelassen. Nein, er ging ihnen hinterher und gab sein Leben hin am Kreuz um sie wieder in die Ordnung der Liebe, die Reinheit, zurückzuführen.

Das Evangelium ist der Lehrweg, dass Gott die Liebe ist und das Leben. Es ist auch der Lehrweg der Leiden und dieses Evangelium wird in jedem Menschen "neu geschrieben" (salvifici doloris), wenn sein Leben sich mit dem Wort Gottes vereinigt. So wird das Wort Fleisch, sein Leben wird unser Leben, er lebt in uns und wir leben durch ihn. Das ist der Plan für jeden Menschen, "Eucharistie", "Communio", Vereinigung der Gottheit mit der Menschheit.

Der Vater lässt den Sohn genau das sagen, was die Menschen nicht mehr erkennen konnten, weil es in ihnen verhüllt war durch den Schleier der Sünde.

Jesus antwortet auf das "Anti-Wort"  "Gott liebt dich nicht" mit den Worten: "Wie mich der Vater liebte, so liebte ich auch euch (Joh 15,9)."

Er antwortet auf die Lüge "O, nein auf keinen Fall werdet ihr sterben" mit den Worten: "Wer sein Leben liebt, verliert es, und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zu ewigem Leben bewahren (Joh 12,25)."

Gott setzt an die Stelle des "non serviam" Luzifers das "Fiat mihi" Mariens.

Jesus gibt uns immer genau die Gegenantwort auf das "Anti.-Wort" um unser Denken zu heilen vom Bild des strafenden Gottes, vom Misstrauen in die Liebe Gottes.

Der Mensch hat das ewige Leben verloren durch das "Hören und Bewahren" des "Anti-Wortes". Die Antwort Jesu lautet: "Wer auf mein Wort hört und dem glaubt, der mich sandte, hat ewiges Leben und kommt nichts ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod hinübergeschritten ins Leben (Joh 5,24)."

Das Hören und Bewahren des "Anti-Wortes" brachte dem Menschen das Gericht, die Auferstehung des Gerichtes. Umgekehrt bringt uns Jesus durch sein Wort die Auferstehung des Lebens und heilt uns. Jesus hat ein "messianisches Programm" (DCE) um den Menschen von seiner Blindheit des Herzens zu heilen, um ihn wieder zum Glauben an die Wahrheit zu führen. Dieser Glaube kommt durch das "Hören und Bewahren" seines Wortes, der Wahrheit. Es führt uns dazu, dass wir den Vater der Wahrheit erkennen.

Der Vater der Lüge sagte durch die Schlange: "Vielmehr weiß Gott, dass euch, sobald ihr davon esst, die Augen aufgehen, und ihr wie Gott sein werdet, indem ihr Gutes und Böses erkennt (Gen 3,5)."

Jesus sagt uns: "Das aber ist das ewige Leben, dass sie dich erkennen, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus (Joh 17,3)."

Darin bestand ja die Lüge, dass Gott scheinbar dem Menschen nicht die ganze Wahrheit gesagt hätte und ihnen etwas vorenthalten wollte um sie zu knechten.

 

Es kann sich kein Mensch selbst erlösen. "Wäre ich nicht gekommen und hätte ich nicht zu ihnen geredet, so hätten sie keine Sünde; jetzt aber haben sie keine Ausrede für ihre Sünde ... Hätte ich unter ihnen nicht die Werke getan, wie sie kein anderer tat, hätten sie keine Sünde; nun aber haben sie gesehen und sowohl mich gehabt als auch meinen Vater (Joh 15,22;24)."

Wir sind vollständig abhängig von Gottes Erlösung und brauchen sie nur anzunehmen wie ein Kind. Jesus will uns reinigen und bis auf die Wurzel heilen. Diese Reinigung ist ein "innerer Prozess" (salvifici doloris) wie eine Art "geistige Herztransplantation", in der das Herz aus Stein (das besitzergreifende) aus der Brust gerissen wird und das Herz aus Fleisch (selbstlos hingegebene) eingepflanzt wird (vgl. Ez 36,25-27). Die "Schule der Reinheit" und die Befreiung von Angst können wir nicht durch viel Reden und Lesen in zahlreichen Büchern finden, sondern es ist ein innerer Umwandlungsprozess, der sich nur dann vollziehen kann, wenn wir unsere Leiden mit den Leiden Christi verbinden. Die Praxis und eigene Erfahrung lehrt uns diesen Weg, so wie Jesus uns den Weg in seiner Hingabe am Kreuz zeigt und bestätigt. "Doch die Weisheit wurde gerechtfertigt aus ihren Werken (Mt 11,19)." Dann beginnt die erlösende Kraft der Liebe Christi in unserem Leiden zu wirken. Sie löst uns los von uns selbst und zieht uns zu ihm hin, ja in ihn hinein und verwandelt uns in ihm durch den Hl. Geist. Wenn wir diesem "inneren Prozess" zustimmen und uns vertrauensvoll im Gebet an Jesus wenden (durch Maria), dann werden wir auferstehen, ein "neuer Mensch" werden.

 

Beim Tod Jesu riss der Vorhang des Tempels mitten entzwei (vgl. Mt 27,51) und „die Felsen spalteten sich“. Jesus geht durch seinen Tod bis an die „transzendentalen Wurzeln“ (salvifici doloris), an die kein Mensch heran kann, nur Jesus, weil er den Sohn Gottes im Fleisch ist. So löst er auch in unserer Seele jede Bindung an das Böse, an die Sünde, und bindet uns im Neuen Bund wieder an die Liebe Gottes. Er verbindet gleichzeitig auch alle Leiden dieser Welt mit der Barmherzigkeit Gottes und so wirkt er sogar aus dem Bösen das Gute durch sein Kreuzopfer. Er besiegt den Stolz durch die Demut, den Eigenwillen durch vollständige Hingabe seines Willens an den Vater, die Eigenliebe durch die selbstlose Barmherzigkeit. Das ist für uns der Weg aus jeder Angst. Kein Psychologe, kein Arzt, niemand kann uns wirklich im Inneren ganz frei machen, nur die erlösende Liebe Christi. Diese Vereinigung der eigenen Leiden mit seinen Leiden ist der Schlüssel, damit seine Liebe in uns zu wirken beginnen kann. Wir sollen die Leiden nicht festhalten und uns um die eigene Angst drehen, sondern auf das Licht schauen, Christus im Wort und Sakrament. Bei jeder Begegnung mit Menschen, die unter schweren Ängsten leiden, vor allem auch in Psychiatrien, ist die barmherzige Liebe Christi der Schlüssel für diese Menschen. Egal wie weit ein Mensch von Gott entfernt, wie schwer verwundet er ist, wenn ein z. B. ein Arzt, ein Psychiater, im Herzen mit Gott vereint ist und er Werkzeug seiner barmherzigen Liebe ist, dann kann Christus durch diesen Menschen hindurchwirken auf die Seele der Patienten. Das ist der „Schlüssel der Liebe“, der für alle Menschen gilt und nur im Kreuzgeheimnis Jesu Christi zu finden ist. Das ist Erlösung, die Umwandlung in Christus durch seine zuvorkommende Liebe. Wir brauchen nicht ständig nach unserem Glück zu eifern und es „ergreifen“. Genau das Gegenteil ist der Fall, wir sollen arm werden im Geiste, einfach und wie ein Kind. Wir sollen werden wie ein Kelch, der Gottes Liebe wie Maria mit einem offenen Herzen empfängt. Das Leiden will in uns durch die erlösende Liebe Christi in seinem Leiden genau das bewirken, den Glauben! Der Glaube hat immer das Heil zum Ziel, nicht das Unheil. Wir lehnen Gott oft zu schnell ab in den eigenen Leiden, was natürlich aus unserer menschlichen Schwachheit gesehen normal ist, der Trotz, die Auflehnung, die Isolation usw. als Konsequenz der Erbsünde.

Wenn wir aber Gott eine Chance geben in unserer Angst, lernen uns auf ihn einzulassen, unseren Zustand der Hilflosigkeit verlassen wollen und zu Jesus gehen, zur Mutter Gottes, dann kommt Gott uns mit Sicherheit auf tausenderlei Arten entgegen. Jesus hat selbst alle Gottverlassenheit, alle inneren Ängste, freiwillig erlitten, damit er uns erlöst. Seine Gottheit war nie in Angst, aber in seiner Menschheit ließ Gott Vater zu, dass er die Ohnmacht der Trennung von Gott und die daraus folgenden Ängste zu spüren bekommt. Durch diese freiwillige Hingabe Jesu hat er alle Angst für immer besiegt.

Dies soll uns ermutigen uns ganz auf Jesus einzulassen. Darin liegt meistens das Problem, dass wir uns eben nicht gänzlich auf Jesus einlassen und immer noch eigene Absicherungen haben, aus Angst, es könnte etwas schief laufen. Im Umgang mit Menschen, die unter solchen geistigen Krankheiten leiden, ist sehr viel Feingefühl und Barmherzigkeit gefordert. Wer sollte das besser können als Maria mit ihrer mütterlichen Fürsorge und Liebe!? Vertrauen wir uns ihr an, dann werden wir erleben wie sie mit ihrer strahlenden Reinheit uns von innen heraus immer näher zu Christus führt, uns an die Hand nimmt und unser Herz loslöst von uns selbst und in Christus hineinversenkt. Alles, was wir nun betrachtet haben, die "innere Reinigung" (ersten 12 Tage), die "innere Erleuchtung" (1. Woche) und die "innere Vereinigung" (2. und 3. Woche) werden wir erfahren, wenn wir uns der Gottesmutter ganz weihe und ihr für den Plan der Barmherzigkeit des Vaters zur Verfügung stellen. Die Marienweihe ist der sicherste Weg aus jeder Angst, weil die Gottesmutter selbst dann unsere Seele ganz in Besitz nimmt und mit ihr selbst vereinigt und dadurch auch mit Jesus und der Hl. Dreifaltigkeit. Eigene Bemühungen sind oft vergebens, wenn aber Maria die Führung übernimmt in unserem Leiden, dann können wir nicht falsch gehen. Sie führt uns auf dem leichtesten und sichersten Weg zu Christus und in die Freiheit der Kinder Gottes. 

 

 

2. Leiden wird zur Berufung

 

Die innere Umwandlung in unserer eigenen Krankheit führt uns in die Tiefe der Leiden Christ und lässt uns in ihm uns selbst erkennen. Wir erkennen dabei nicht nur uns selbst, sondern auch unsere Mitmenschen, ja den Plan Gottes für die ganze Menschheit. Es ist ein und derselbe Plan, das gleiche "Programm", dass sich auf vielerlei Sender zeigt. Die einzelnen "Bildschirme" sind die einzelnen Menschen. Jedes Leiden hat in jedem Menschen einen anderen Weg, aber alle Weg gehen aus dem einen Weg hervor und führen zu dem einen Weg zurück, nämlich Jesus Christus und seinen Tod und seine Auferstehung. Dieser Weg ist universal und aus diesem Weg geht auch die Berufung des Menschen zur Barmherzigkeit hervor. Die eigenen Ängste können verschiedene Quellen haben, wie wir oben betrachtet haben, aber die Erlösung der Leiden ist immer nur eine, nur in Jesus.

Den Leidensweg, den wir mit Jesus gehen dürfen ist die "innere Schule", die uns zu unserer Lebensberufung führt und zum Werkzeug der Barmherzigkeit macht. Diese Frage dürfen und sollten wir immer stellen im Leiden, die Frage nach dem Willen Gottes. Das Leiden wird dann sogar zur Freude, wenn wir mit und in Christus leiden aus Liebe, nicht mehr für uns selbst (mit Trotz), sondern für unsere Nächsten, für die ganze Menschheit. Das ist es, was Jesus meint, wenn er sagt: "Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen (vgl. Mt 11,29)".

 

Das Leiden führt uns zur Demut, zur Hingabe, wenn wir uns mit Christus verbinden. Es entzündet in uns das Feuer der reinen Gottesliebe, weil es uns von unserem Egoismus und Selbstmitleid loslöst und fähig macht es für andere aufzuopfern. Gerade in der heutigen Endzeit, in der die Angst immer mehr zunimmt in der Welt, ist es wichtig, den Menschen wieder zu lehren, wie sie mit den Leiden umgehen sollen, v. a. mit Ängsten. Die Frage nach der Reinheit lässt sich hier nicht ausschließen, weil durch die Unreinheit des Herzens (bösen Gedanken) auch die Angst in die Welt kam. Befreiung von Angst bedeutet immer auch Reinigung im Inneren und das ist in Jesus der Weg durch die Leiden hin zur Auferstehung. Wir werden demütig und gleichzeitig werden wir erhöht wie Christus. Er gibt sich ganz hin und gleichzeitig verherrlicht der Vater den Sohn und der Sohn den Vater im Triumph der selbstlosen Liebe über das Böse. Die Macht der Liebe besiegt jede Angst, das Kreuz Jesu Christi hat alle Angst dieser Welt besiegt. Diese Gewalt der Torheit des Kreuzes, der eigenen Ohnmacht in der Hingabe Jesu Christi ist es, was den Menschen wieder gelehrt werden muss. Da hilft kein Wellness, keine Esoterik oder sonstiger Budenzauber. Es ist nur Verblendung für die Welt, nützt aber nichts für die Ewigkeit.

 

Der zentrale Punkt ist, dem Leiden nicht auszuweichen und ständig um die eigene Heilung zu beten, sondern zuerst den Willen Gottes in diesem Leiden zu suchen. Wenn wir in seinen Willen eingehen und uns diesem hingeben, wird die Heilung (zumindest an der Seele) automatisch eintreten. Die Heilung des Leibes muss nicht immer sein, weil hier immer die Möglichkeit des Sühneleidens offen bleibt, was aber hier nicht das Thema ist. Gott will aber immer unser Seelenheil, das ewige Heil, nicht das Zeitliche allein. Leiden kommen nicht von Gott, weil Gott Liebe ist. Aber Gott lässt die Leiden (die ihre erste Wurzel im "Anti-Wort" haben) in seiner Vorsehung und grenzenlosen Weisheit zu um uns zu formen. Wir werden dieses Geheimnis in seiner ganzen Größe niemals begreifen können auf Erden, wir können nur stammeln und staunen wie ein kleines Kind und sagen: "Abba Vater"

 

 

FAZIT

 

"Darum fürchtet sie nicht; denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt, und nichts ist geheim, was nicht bekannt werden wird ... Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle zu stürzen vermag (Mt 10,26;28)."

 

Jesus hat am Kreuz den "Vorhang des Tempels" gerissen, die innere Hülle über dem Herzen. Er hat die Kruste um das Samenkorn gesprengt, damit das Licht in uns wieder frei nach außen strömen kann. Jesus hat durch sein Vertrauen in die Liebe des Vaters bis in den freiwilligen Tod jede Art von Angst besiegt. Er enthüllt alles, was nicht Gottes ist in uns, wenn wir es zulassen, und reißt es aus (Hl. Beichte). Wenn wir die innere Tempelreinigung (den Kreuzweg) mit ihm gehen, dann wird unser Herz wieder rein und auch unser Leib. Wir werden wieder den "inneren Blick" bekommen und in den Menschen Christus selbst erkennen. Dann haben wir auch keine Angst mehr, weil die vollkommene Liebe die Furcht hinaus treibt (vgl. 1. Joh 4,18). Diese vollkommene Liebe sehen wir am durchbohrten Herzen Jesu am Kreuz, an dieser selbstlosen Hingabe. Das ist der Weg für alle Menschen, der Weg in die Freiheit. Wir brauchen vor diesem Weg keine Angst zu haben, weil das Ergebnis dieser Hingabe schon bekannt ist und wirkt: DIE AUFERSTEHUNG ZUM NEUEN MENSCHEN!

 

Legende:

 

DCE = Deus caritas est (Gott ist die Liebe, Papst Benedikt XVI.)

TLA = Theologie des Leibes für Anfänger (Christopher West, USA)

 

(c)+(R)'2000-2009 FJM.jm

 

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