WAS IST GEBET?

Hier soll ein kurzer Überblick gegeben werden über den Weg des Gebetes von außen nach innen. Es soll eine Hilfe sein, um zu sich selbst zu finden und vielleicht auch sein Gebetsleben kreativer und inniger zu gestalten. Die Details in den jeweiligen Gebetsarten sind hier zweitrangig. Es soll nur der Weg des Gebetes aufgezeigt werden. Der Katechismus der Katholischen Kirche sagt uns: " Das Gebet ist die Erhebung der Seele zu Gott oder eine an Gott gerichtete Bitte um die rechten Güter [(hl. Johannes v. Damaskus, f. o. 3,24), KKK, Nr. 259]."

Stell dir einfach einmal eine Beziehung zwischen Mann und Frau vor. Wenn sie sich treffen, werden sie beginnen miteinander zu reden, sich kennenlernen und sich immer besser verstehen. So ist es auch mit dem Gebet. Es bringt uns in eine "persönliche Beziehung" mit unserem Gott. Wir lernen darin unseren Bräutigam Christus verstehen, wie er denkt, redet, fühlt, handelt und vor allem, warum er das tut. Das Gebet für uns in eine Liebesbeziehung und die liebende Vereinigung zweier Herzen in einem Herzen wie Mann und Frau in der Ehe, wie Gott Vater und Gott Sohn im Heiligen Geist. Das Gebet hält uns ständig "online" mit Gott, so dass wir immer wieder das christliche Programm "downloaden" können, die selbstlose Liebe. Der KKK sagt, dass die "Gnade des Gottesreiches (...) ,Vereinigung der ganzen Heiligsten Dreifaltigkeit mit dem ganzen Geist' des Menschen" ist (vgl. Nr. 2565)." Das Ziel ist die Vereinigung mit dem Innenleben Gottes und dazu ist es notwendig, dass ich diesen Gott kennenlerne.

 

I. Online gehen - Der Grundstein

 

Bevor wir im Internet surfen können oder im Fernseher einen Film anschauen können, ist es erst einmal wichtig, dass ich mich ins Programm "einlogge", bzw. den Stecker in die Dose stecke und den Fernseher anmache. Wenn ich das nicht tue, dann habe ich zwar das Gerät (Herz), aber ich empfange nichts, weil kein Strom da ist. Das Gebet ist in dem Sinn wie der Strom aus dem Herzen Gottes, der sich mit meinem Herzensstrom vereinigt. Damit du diesen Strom empfangen kannst, brauchst du eine Stromleitung. Diese Stromleitung ist der Rosenkranz. Mit dem Rosenkranz beginnst du die erste Stufe des Gebetes. Wir lernen die Grundgebete, das Vater Unser, das Ave Maria und Ehre sei dem Vater. So üben wir uns in das mündliche Gebet ein. Das mündliche Gebet ist der Beginn des Gebetslebens und bereitet uns auf die weiteren Stufen vor, die immer tiefer ins Innere Gottes hineinführen. "Der Mensch ist auf der Suche nach Gott" (vgl. KKK, Nr. 2566), und so beginnt mit dem mündlichen Gebet auch erst einmal eine Suche. Stelle dir vor, wenn du eine Prüfung zu absolvieren hast, ein Referat zu schreiben hast, und jetzt brauchst du die Info's dafür. Du fängst langsam an aufzubauen und zu suchen, bis du das Richtige gefunden hast.

 

Damit dein Gebet stärker wird, von dir aus nach oben zum Himmel, und damit der Starkstrom aus dem Herzen Gottes dir nicht zu heftig wird, brauchst du einen "Verstärker" und einen "Stromverteiler". Das ist die Mutter Gottes, Maria. Bevor du betest, betest du immer zuerst zu ihr und mit ihr und durch sie zu Jesus und zum Vater im Heiligen Geist. Im Strom des Heiligen Geistes ist der Vater und der Sohn und dieser Strom kam auf Erden in das Unbefleckte Herz Mariens, das reinste Gefäß, die reinste Stadt, die sichtbare Gottesstadt auf Erden. So sind wir schon bei der Gnadenordnung angelangt:

Das mündliche Gebet - Gottesmutter - Grundprogramm erlernen

Dann begibst du dich auf den Weg der Reinigung. Die Kirche lehrt den Weg nach innen als einen Weg der Reinigung, Erleuchtung und Vereinigung. Die mystische Vereinigung mit Gott ist die Vollendung und Heiligkeit des Menschen, also bestimmt jetzt noch nicht dran. Die Reinigungsphase steht immer am Anfang. Da müssen erst einmal die Hürden der Bequemlichkeit und Trägheit, der Unruhe und schlechten Gedanken im Herzen ausgeräumt werden. Hier lernen wir zunächst die Sammlung des Herzens, das innere Schweigen und das regelmäßige Beten. Die Regelmäßigkeit und Beständigkeit des Gebetes ist am Anfang sehr wichtig. Wenn du dich mit einem Menschen ein- oder zweimal in der Woche triffst und kurz mit ihm austauscht, wirst du wahrscheinlich wenig über ihn wissen und ihn nicht so recht kennen. Wenn du dich aber täglich triffst oder stets mit ihm verbunden bist, dann wirst du ihn irgendwann sehr gut kennen und eins werden mit ihm. Deshalb ist es so wichtig, dass du am Anfang regelmäßig betest, vor allem den Rosenkranz, und das möglichst zu bestimmten Zeiten (z. B. morgens, 15:00 Uhr zur Barmherzigkeitsstunde, abends). Du solltest den Tag mit Gebet eröffnen, in das Gespräch mit Gott eintreten und abends das Gespräch mit Gott wieder beenden und schließen. Mittags halte eine kurze "Betriebsversammlung" und checke ab, wie du denn mit deinem Gott so bis jetzt zu Rande gekommen bist und mit ihm verbunden warst.

Durch das Rosenkranzgebet wirst du als erstes in das Unbefleckte Herz der Gottesmutter eingeführt. Sie bereitet dich dann vor ihren Sohn kennenzulernen.

 

Für unterwegs und vor allem bei Begegnung mit anderen Menschen solltest du dir eine Grundhaltung angewöhnen: "Sein Herz ist ,dem Wort ganz gefügig'; er gehorcht. Das Horchen des Herzens, das sich für Gott entscheidet, gehört wesentlich zum Gebet (KKK, Nr. 2570)." Dazu ist es wichtig, dass wir "ein Mann des Schweigens" (KKK, Nr. 2570) werden. Stelle dir einen See vor. Wenn dieser See ständig vom Wind hin- und hergepeitscht wird, dann kannst du dich im Wasser nicht sehen, das Spiegelbild ist unscharf und verschwommen. Wenn der Sturm sich legt, dann wird das Bild klar und du kannst immer klarer erkennen, wer sich da spiegelt. So ist es auch mit dem Hinhören und dem Schweigen. Je mehr du lernst, dich innerlich zu sammeln und unnütze Gedanken, Gespräche, Blicke, zu lassen, desto leichter wird das beten. Du kannst dich dann selbst in Gott erkennen, sein Abbild in dir, wie das Bild auf dem stillen Wasser. Das bereitet dich nun langsam vor auf die zweite Stufe des Gebetes, die schon einen Schritt weiter und tiefer nach innen geht.

 

II. Surfen - Ein Bild entsteht

 

Wenn du eine Geschichte liest in einem Buch, aber nur eine Seite liest und dann wieder weglegst, dann kannst du dir noch kein Bild davon machen. Je länger du das Buch liest, desto lebendiger wird dieses Buch als wärest du selbst in diesem Buch und würdest es live miterleben. Das Buch wird dann zu einem Film, eine persönliche Erfahrung. Das ist nun die zweite Stufe des Gebetes, die Betrachtung. "Der Sohn Gottes, der Sohn der Jungfrau geworden ist, hat in seinem menschlichen Herzen auch beten gelernt. Er lernt die Gebetsformen von seiner Mutter, die alle großen Dinge des Allmächtigen Gottes bewahrt und in ihrem Herzen bedenkt (KKK, Nr. 2599)." Das mündliche Gebet führt dich in den Gebetsgeist ein, verbindet dich mit Gott. Du lernst Ihn langsam kennen und die Gottesmutter führt dich zu Jesus. Maria will aber nicht nur, dass du mit ihm sprichst, sondern dass du ihn in dir erlebst, spürst, siehst vor deinem geistigen Auge. Dazu ist es notwendig, dass du die Hl. Schrift liest. In der Heiligen Schrift liest du die Worte Gottes und suchst darin zu erkennen, was das für dich und dein Leben ganz konkret im JETZT bedeutet. Hier geht es vor allem darum das "Warum und das Wie des christlichen Lebens zu erfassen" (vgl. KKK, Nr. 2705). Hier befinden wir uns auf dem Weg der Erleuchtung. Das betrachtende Gebet ist ein inneres Suchen nach der Wahrheit. "Die Betrachtung mach vom Denken, von der Einbildungskraft, von der Gefühlsbewegung und vom Verlangen Gebrauch" und "bemüht sich vor allem, über die ,Mysterien Christi' nachzusinnen (vgl. KKK, Nr. 2708)." Du sollst in der Betrachtung in die innere Dimension Christi eindringen lernen, verstehen lernen, warum er so handelt und warum er es genau so sagt. Dadurch kann ich prüfen, wo ich ungläubig, ja in der Lüge lebe. Immer dann, wenn ich eine Lüge erkenne und sie durch die Wahrheit im Wort Gottes ersetzt wird (gute Saat), dann werde ich unmittelbar geheilt und mein Herz wird heller, reiner und freier. Das Wort Gottes heilt mein Denken, meinen Verstand, alle schlechten Bilder und Erinnerungen, die sich in meinem Unterbewussten befinden, in meinem Herzen. Es reinigt die "Festplatte". Stelle dir einen "Virenscanner" vor auf deinem PC. Du suchst auf dieser Festplatte diese Viren (Lügen, falsche Haltungen und Gedanken) und dann entfernst du sie anschließend mit dem jeweiligen Programm (Hl. Beichte). Das geschieht bei der Betrachtung, wie eine Art "inneres Scannen" in deinem Herzen, deinem Gewissen um zur Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen. Das Wort erzeugt dabei in uns ein Bild, eine "Bildung". Im Wort ist die Liebe Gottes selbst, es ist die Liebe Gottes (vgl. Joh 1,1-4). Jedes Wort, dass du auf deiner Festplatte (Seele-Gewissen-Unbewusstes) programmierst, erzeugt ein Bild, bildet dein Herz. Das ist die "Herzensbildung" von der Papst Benedikt XVI. spricht. Jedes Wort ist wie ein Mosaiksteinchen auf dem Weg zum Gesamtbild, dem Mysterium Gottes in mir, das Abbild Gottes. Durch die Erbsünde kam es zu einer "Zerstreuung", wie wenn die gemahlten Samenkörner, die zuvor ein Brot waren, jetzt alle plötzlich eine Hülle um sich haben. So zerstreute sich in uns das Gesamtbild, als wenn man eine Glaskugel auf den Boden wirft und es in Tausende von Scherben zerbricht. So sammeln wir in der Betrachtung diese Mosaiksteinchen und bauen auf am Haus Gottes, Schritt für Schritt. "Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, wird gleich sein einem klugen Mann, der sein Haus auf den Felsen baute (Mt 7,24)."

Jedesmal, wenn du die Wahrheit in dir annimmst, hat an dieser Stelle die schlechte Saat der Lüge keinen Platz mehr. Deine Seele, dein Gewissen, dein Unbewusstes, wird nach und nach "defragmentiert" und vollständig neu geordnet. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen und vor allem braucht es wiederum Beständigkeit. Die Wiederholung ist hier das A und O. Bilder erstehen erst dauerhaft wie in einem Netwerk im Langzeitgedächtnis. Dorthin gelangt das Wort Gottes aber nur, wenn es wiederholt betrachtet und dann im Alltag umgesetzt wird. "Das auf dem guten Erdreich, das sind jene, die das Wort mit einem edlen und guten Herzen hören und bewahren und Frucht bringen in Beharrlichkeit.

 

Der Weg besteht darin, dass du zuerst die Glaubenwahrheit im Wort kindlich aufnimmst. "Die Demut ist die Grundlage des Betens (KKK, Nr. 2559)." Gott offenbart seine Wahrheiten niemals den Stolzen, die alles besser wissen wollen, sondern nur den Kleinen und Demütigen. Das ist die wichtigste Haltung, dass du das, was Jesus dir sagt, mit kleinem und kindlichem Herzen zu empfangen bereit bist. Das ist die Säule des Glaubens von innen her. Das zweite ist, dass du dann diese Wahrheit mit dem Sichtbaren, deiner Vernunft zu verstehen versuchst. Wenn      z. B. Jesus vom Sämann, der Saat und dem Acker spricht, so kannst du das zuerst in der Natur betrachten und dann versuchen vom Geistigen her als Abbild zu verstehen. Das ist Theologie des Leibes, Theologie (unsichtbares Geheimnis) und Philosophie (sichtbare Welt). Am Besten lässt du dich zuvor immer an der Hand Mariens nehmen, denn sie ist der Schlüssel für jegliche Erkenntnis des Sohnes. Sie lehrt dich  und führt dich. Wenn du Maria erkennst, hast du automatisch auch den Sohn und den Vater erkannt, weil sie nichts anderes ist als der sichtbare Wille Gottes in Vollendung in einem reinen Menschen. Für die Betrachtung gilt vor allem das "Wiederkauen" (Wiederholung). Betrachte z. B. morgens ein Wort, einen Satz, wie "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben", und lasse ihn immer wieder in deinem Herzen arbeiten: "Maria behielt alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen (Lk 2,19)." Dann wirst du plötzlich, in manchmal ganz unscheinbaren und unerwarteten Situationen, diesen "Aha-Effekt" erleben. Wichtig ist dazu die Armut des Geistes, die Einfachheit des Kindes. Dann kann Jesus dir seine Wahrheit offenbaren. Alles Komplizierte, Selbstgefällige, hat keinen Platz und blockiert uns die Wahrheit im Herzen gläubig anzunehmen. Wenn du diese Schule beständig übst, dann ersteht in dir das Antlitz Christi, das Bild des mystischen Leibes, das Kreuzgeheimnis, die Hl. Eucharistie. Dann gelangst du langsam in die dritte Stufe.

 

III. Die Vereinigung in der Gegenwart Gottes

 

Je tiefer wir nun in das Geheimnis Gottes im Wort Gottes, genährt durch das mündliche Gebet, eintreten um so inniger wird auch unser Gebet. Das Gebet führt uns zum Leben in der Gegenwart Gottes hin, zum Leben im Sein auf der Ebene des Herzens, also im Glauben. Das bedeutet, dass unser irdischer Blick auf die sichtbaren Dinge (Umwelt, Menschen) zunehmend reiner wird und dann das Wort Jesus, "Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen" (Mt 5,8), immer mehr Realität wird. Unsere Herzensabsicht wird in Gedanken, Worten und Werken immer reiner und wir selbst werden zu einem reinen Gefäß für Gottes Liebe. Das ist das Ziel des christlichen Weges im Gebet, die innige Vereinigung von Gott und Mensch in der einen, reinen Liebe. Nicht nur das, sogar Fleisch und Blut sollen eins werden mit dem mystischen Leib Christi in der Eucharistie, mit seinem Fleisch und Blut. Bei der Vereinigung in der Gegenwart Gottes, so dass Gott mehr und mehr überall ist, unterwirft sich die Vernunft vollständig dem Glauben des Herzens, die Fähigkeiten des Verstandes, des Willens, des Fühlens, unterwerfen sich vollkommen dem Gesetz der Liebe Gottes zu einem reinen "Fiat mihi", "Dein Wille geschehe". Der Heilige Geist will uns dahin führen, dass wir selbst wie Christus mit ihm ganz gekreuzigt sind, ganz zum Geschenk werden für andere Menschen und an Gott selbst. Auf dieser Stufe ist Alltag, Beruf, Pflichterfüllung und Gebet, Glaube, Religion, Liebe, usw. nicht mehr getrennt, sondern es verschmilzt. Unser ganzes Wesen wird durchdrungen von der göttlichen Liebe und wir leben zunehmend im Sein, dem "Heute" Gottes. "Die Zeit liegt in den Händen des Vaters; wir begegnen ihm in der Gegenwart, nicht gestern oder morgen, sondern heute: "Ach würdet ihr doch heute auf seine Stimme hören! Verhärtet euer Herz nicht (KKK, Nr. 2659)!"

 

Dieses Leben im "Heute" ist ein stetes Schauen auf Gott in der sichtbaren Welt. Unser Herz ist rein und unser Blick durchdringt in der Gnade des Glaubens in einem "mystischen Blick" die irdischen Wesenheiten und sieht die göttlichen Wesenheiten darin. "Die ,Beschauung' [Kontemplation] ist gläubiges Hinschauen auf Jesus (KKK, Nr. 2715)." In allen Situationen sehen wir den Willen Gottes uns schauen ihn förmlich darin an, in den Begegnungen mit den Menschen, in den Worten, in der Arbeit, einfach überall. Es ist eine stete innere Hingabe an die liebende Vorsehung Gottes, aber trotzdem ganz wach in der Gegenwart. "Das beschauliche Gebet ist demütige und arme Hingabe an den liebenden Willen des Vater in immer tieferer Vereinigung mit seinem geliebten Sohn (KKK, Nr. 2712)." Beim beschaulichen Gebet werden wir zum "Höhepunkt des Betens" (KKK, Nr. 2714) und zur "Gemeinschaft der Liebe" (KKK, Nr. 2719) geführt. Wir werden zu einer "schweigsame[n] Liebe" (KKK, Nr. 2715) hingeführt, die sich ganz vertrauensvoll wie ein Kind in die liebenden Arme des Vaters fallen gelassen hat und alles von ihm erwartet. "Das beschauliche Gebet ist das Gebet des Kindes Gottes, des Sünders, der Vergebung gefunden hat und gewillt ist, die Liebe, mit der er geliebt wird, zu empfangen, und sie durch noch größere Liebe zu erwidern (KKK, Nr. 2712)."

In dieser Stufe des Betens sind wir selbst ganz einfach und arm, ein reines Gefäß für die Liebe Gottes. Wir werden selbst Tabernakel, Träger der Liebe Gottes in uns, eine "wandelnde Eucharistie" als "lebendiges Brot" für andere. Es ist ein Zustand der steten inneren Sammlung und des Ruhens in Gott. In sich vereint erstens das beschauliche Gebet die innere Ruhe in der Liebe Gottes, so dass wir "bewusst in der Wohnung des Herrn, die wir selbst sind" leben, "um in die Gegenwart dessen einzutreten, der uns erwartet" (KKK; Nr. 2711). Zweitens leben wir in einem ständigen betrachtenden Gebet, im "Hören auf das Wort Gottes. Dieses Hören ist keineswegs untätig, sondern ist ein Gehorchen des Glaubens, ein bedingungsloses Empfangen des Knechtes und liebendes Einwilligen des Kindes. Es nimmt teil am "Ja" des Sohnes, der Knecht geworden ist, und am "Fiat" der demütigen Magd des Herrn (KKK, Nr. 2716). Drittens ist es das ständige gläubige "Hinschauen" auf Jesus. Diese Gebetshaltung war die stete Gebetshaltung der Mutter Gottes als reinstes Geschöpf auf Erden. Wir sehen, dass uns das Gebet zur Innerlichkeit, zur Verborgenheit und zur vollkommenen Hingabe an den Willen Gottes führen will. Das Ziel ist die innige Vereinigung mit dem Gekreuzigten. Nun sind wir bei einer Stufe angekommen, die alle anderen übersteigt.

 

IV. Das schweigende Leidensgebet

 

Die Vollendung des Menschen sehen wir an einem Ort, in dem das Höchstmaß des Gebet und der Liebe sichtbar wird: am Kreuz

Menschen, die viel zu leiden haben, vergessen oft, dass ihr Gebet, wenn sie z. B. nicht mehr sprechen können, nicht mehr sehen können oder taub sind, ihr Leiden selbst ist. Ein Mensch, der nur noch leidet, kann auf eine Art und Weise mit Christus vereinigt werden, die alle irdischen Dimensionen übersteigt. Es ist einer der wichtigsten Aufträge überhaupt den Menschen in ihrem Leiden dieses Geheimnis der erlösenden Liebe Christi zu verkünden. Wer sich im Leiden ganz dem Heiland hingibt, sein Leiden in ihm annimmt und aufopfert für die Rettung der Seelen, dessen Herz wird vollkommen verwandelt und in das Herz des Dreifaltigen Gottes selbst hingezogen. "In deine Hände lege ich meinen Geist", sagte Jesus, das ist das höchste Leidensgebet und die gleichzeitige Bitte, "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun". 

Diese Wissenschaft des Kreuzes ist für uns Menschen anfangs schwer fassbar, weil sie göttlich ist und eben mit dem menschlichen Verstand nicht verstanden werden kann. Nur in der Gnade und im Glauben des Herzens können wir jene Freude begreifen, jene Wissenschaft, die so viele Heilige uns verkündet haben in ihrem Leiden, wie z. B. Pater Pio, die sel. Katharina Emmerick usw. 

 

Die Vereinigung aller Gebete

 

Alle Formen des Gebetes wirken in sich zusammen. So betrachten wir zum Beispiel im mündlichen Rosenkranzgebet und können dabei gleichzeitig auch schauen, wir können beim Schauen betrachten und bei der vollkommenen Hingabe im Leiden Schauen usw. Gebet ist tiefster Ausdruck unserer Sehnsucht, unseres Herzens, und Herzens-Kommunikation, die zur Herzens-Kommunion führen soll. Der Weg im Gebet ist oft ein steiler Weg und so individuell wie es Menschen auf dieser Erde gibt. Es gibt kein Schubladen-System, mit dem jeder auf eine mechanische Art Beten als eine Art Hochleistung erlernen kann. Das Gebet ist Gnade und Geschenk. Niemand kann beten, wenn Gott es nicht von sich aus frei schenkt. Gebet ist letztendlich nur unsere liebende Antwort auf die Einladung Gottes zur vollkommenen Liebe. Wir brauchen uns nur führen zu lassen und immer das Kreuz im Auge zu haben als die Mitte und Quelle aller Geheimnisse. So wird unser Leben, alle unsere Gedanken, Worte und Werke, Gebet, wir selbst werden zum Gebet und wir gereichen zu jener Form, dass unser Sein ein Sein in Anbetung ist. Die ganze Schöpfung ist auf die Anbetung Gottes hin geschaffen und so führt uns auch jedes Gebet zur Anbetung und zum Lobpreis Gottes als die höchste Gebetsform. Wie wir Gott im Herzen anbeten sollen, das sehen wir wiederum am Kreuz und in der Gestalt der Heiligsten Eucharistie. In sich vereinigen sich das Gebet eines Kindes, eines Kreuzträgers und eines selbstlosen Dieners, der sich ganz an andere verschenken will und hingegeben hat.

 

Das Gebet führt uns über die Mutter Gottes zu Jesus und vom Sohn zum Vater und immer durch den Heiligen Geist. Es führt uns vom Weg der Reinigung zur Erleuchtung hin zur Vereinigung mit Gott. Wir machen uns auf den "Weg" der Reinigung, erkennen die "Wahrheit" der Liebe und werden eins mit Jesus in unserem "Leben". Alle drei Stufen zum Vollkommenheit hängen in sich zusammen und bedingen sich gegenseitig. So erkennen wir darin wiederum das Geheimnis des Dreifaltigen Gottes, des Vaters, der uns umfängt, der Sohn, der uns erlöst und der Heilige Geist, der uns verwandelt. AMEN

 

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