Warum verbietet die Kirche Sex außerhalb der Ehe?

Anbei findest du einen kleinen Dialog zwischen einem Jugendlichen und Papst Johannes Paul II. Es soll dir helfen auch über bestimmte Fragen zur Reinheit, zu deiner Berufung, ob Ehe oder geistlicher Stand, besser beantworten zu können. Wer Fragen stellt, der sucht auch Antworten und wer anklopft, dem wird bekanntlich geöffnet. Vergiss alles, was du bisher so als Vorurteil in dein Herz aufgenommen hast und entspanne dich. Also auf gehts!

Viele glauben, dass die Kirche mit den Geboten nur einschränken will. Doch die Lehre der Kirche, die ja von Gott direkt stammt, will uns zur Freiheit führen. Sie ist das Wort Gottes, das uns in die wahre Freiheit führen will: „Wenn ihr in meinem Worte bleibt, seid ihr in Wahrheit meine Jünger; ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen." (Joh 8,31b-32). Papst Johannes Paul II. hatte es sich besonders zur Aufgabe gemacht, über die hohe Würde der Sexualität zu lehren. In seiner „Theologie des Leibes" zeigt er auf, dass das Geschlechtliche an uns nicht schlecht ist. Ganz im Gegenteil. Es ist viel zu heilig um es in den Schmutz zu ziehen, wie es die Welt heute tut. In diesem Geiste – im Einklang mit der Lehre der Kirche – kann man so folgendes Gespräch formulieren:

„Das Wort aber, das ihr hört, ist nicht mein, sondern des Vaters, der mich gesandt hat. Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, er wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe." (Joh 14,24bc.26)

 

Die Ehe ist ein Weg zur Hingabe, den man miteinander gehen darf.

J........Jugendlicher P.........Papst Johannes Paul II.

J: Lieber Heiliger Vater, ich bin dankbar, mit ihnen sprechen zu dürfen. Ich habe da was auf dem Herzen. Ein paar Fragen.

P: Ich möchte versuchen, dir zu helfen. Was möchtest du den wissen?

J: Nun, warum verbietet die Kirche Sex außerhalb der Ehe. Was ist denn da schlecht dran?

P: Ich möchte dich einladen, die geschlechtliche Vereinigung von Mann und Frau nicht auf dieses Wort einzugrenzen. Denn es ist etwas, was Seele, Geist und Körper betrifft. Nennen wir es doch: vollkommene Hingabe.

J: Ja, gut. Also: warum verbietet die Kirche die vollkommene Hingabe außerhalb der Ehe?

P: Weil es dann nicht mehr eine vollkommene Hingabe ist. Denn diese ist nur dann möglich, wenn sich Mann und Frau vollkommen schenken.

J: Ja, aber das tun sie doch auch außerhalb der Ehe. Beide haben Lust aufeinander und geben sich so vollkommen der Lust hin. Was kann daran schon schlecht sein?

P: Weil es nicht zur Freiheit führt. Wenn du dich einem Menschen so hingibst – nur um der Lust willen – dann gibst du dich nicht ihm hin, dann nimmst du ihn. Jesus hat uns die vollkommene Hingabe gelehrt: „Eine größere Liebe hat niemand als die, dass er sein Leben hingibt für seine Freunde." (Joh 15,13) Und diese Hingabe vollendete sich bei Jesus am Kreuz. Also als er sich - vollkommen hingegeben - kreuzigen ließ.

J: Was hat das jetzt mit der vollkommenen Hingabe in der Ehe zu tun?

P: Nun, schau. Du meintest, dass man sich einem Menschen schon dann vollkommen hingeben kann, wenn man nur Lust auf ihn hat. Damit beschränkst du aber die vollkommene Hingabe nur auf das Leibliche. In deinem Geist und in deiner Seele empfindest du ja keine geschlechtliche Lust. Wenn du dich einem Menschen vollkommen hingibst, dann wirst du eins mit ihm: „Deshalb wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch." (Mk 10,7-8)

J: Heißt das, dass nach der vollkommenen Hingabe beide vereint bleiben, auch wenn der Geschlechtsakt zu Ende ist?

P: E ist ja nicht nur einfach ein Geschlechtsakt. Diese vollkommene Hingabe vereint zwei Menschen mit Geist, Körper und Seele in einem Menschsein. Deshalb ist zu dieser vollkommenen Hingabe mehr notwendig, als einfach bloß, dass man Lust aufeinander hat. Ja, die Welt will uns das weis machen. Doch Gottes Plan ist ein anderer. Deshalb hat er uns ja das Ehesakrament gegeben.

J: Also, für mich reicht es auch ohne Ehesakrament. Ich weiss ja nicht, ob ich mein ganzes Leben mit dem anderen zusammenbleiben kann.

P: Ja, aber wie willst du dich ihm dann vollkommen hingeben? Wenn du dich ihm nicht für immer schenkst, wenn deine Liebe zeitlich eingegrenzt ist, dann hältst du noch etwas zurück. Du verlangst dann vom anderen, dass er sich dir vollkommen hingibt aber nur solange, wie du es willst.

J: Ja, aber das machen doch alle so. Viele sind nur für eine Nacht zusammen – wegen dieser Lust und gehen dann auseinander, als ob nichts gewesen wäre.

P: Ja, das ist sehr traurig. Weißt du, die Sexualität ist etwas ganz Heiliges. Wenn man aber das macht, was du gerade gesagt hast, dann nimmt man ihr die Würde. Gott möchte, dass durch die vollkommene Hingabe in der Ehe, die in der geschlechtlichen Vereinigung ihren Höhepunkt und Neuanfang findet, der Mensch zur vollkommenen Fülle gelangt: „Ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es in Fülle haben." (Joh 10,10) Wenn man sich nur für eine Nacht der Lust hingibt, dann ist es so, wie wenn man zum Kühlschrank geht, eine Schokolade nimmt – weil man darauf Lust hat – und diese isst. Man hat in sich Lust auf etwas und nimmt es sich einfach. Dasselbe ist dann mit der geschlechtlichen Vereinigung. Ich habe Lust auf den anderen, und benütze ihn ganz einfach für meine Lust, ohne auf die Würde seiner Person einzugehen. Ich denke nicht daran, dass er – als Abbild Gottes – Geist, Körper und Seele hat; ich reduziere ihn auf den Leib und benütze diesen für meine Lust. Und dann darf man sich nicht wundern, wenn man unglücklich wird.

J: Das heißt, ich darf mich einem Menschen nicht schon geschlechtlich vereinigen, wenn ich bloß Lust auf ihn habe, sondern da gehört mehr dazu?

P: Ganz genau: „So schuf Gott den Menschen nach seinem Abbild, nach Gottes Bild schuf er ihn: Seid fruchtbar und vermehret euch."(1 Mos 1,27.28b) Von Anfang an sollte der Mensch sich an den anderen verschenken, wie Gott es tut. Gott ist ja einer – in drei Personen: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Der Vater schenkt sich – im Heiligen Geist vollkommen an den Sohn und umgekehrt. Und genau so soll es zwischen Mann und Frau sein. Beide sollen sich im Ehesakrament binden, um sich ganz schenken zu können, um so miteinander eins zu werden, wie Gott in sich eins ist. Erst dann leuchtet das Abbild Gottes in ihnen wieder auf: „Ich habe die Herrlichkeit, die du mir gabst, ihnen gegeben, damit sie eins seien, wie wir eins sind: ich in ihnen und du in mir." (Joh 17,22-23a)

J: Ich verstehe das nicht, wozu braucht man dazu das Ehesakrament? Wenn ich mich einfach so an den anderen hingebe, dann geht das doch auch, oder? Wozu das Sakrament?

P: Durch das Sakrament überwindet man die Unreinheit in der geschlechtlichen Lust, die seit der Erbsünde in uns ist.

J: Ahhhh... das ist doch der Beweis dafür, dass die Kirche nicht die Wahrheit spricht, denn sie sagt, dass der Mensch schlecht ist.

P: Nein, der Mensch ist gut. Er ist vollkommenes Abbild Gottes und daher mit einer vollkommenen Würde beschenkt: „Gott sah alles, was er gemacht hatte, und fürwahr, es war sehr gut." (1 Mos 1,31) Ich möchte dich einladen, alle deine Vorurteile zu beseitigen, denn dann bist du erst fähig, mir mit offenem Herzen zuzuhören.

J: Ja, tut mir leid, es war nicht böse gemeint. Aber es ist halt das, was man so hört. Also braucht man das Ehesakrament, um sich dem anderen hinschenken zu können?

P: Ja, genau. Der Mensch hat im Paradies an der reinen Liebe Gottes gezweifelt. Das „Bezweifeln des Geschenks" verunreinigte die Liebe gegenüber Gott. Die Folge daraus war, den anderen nicht mehr so zu lieben, wie Gott es wollte: rein, selbstlos, hingegeben und mit Blick auf Gott. Er hat Gott aus seinem Blick verloren. Und dadurch ist er unfähig geworden, Gottes Bild im anderen zu erkennen: „Da gingen beider Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenlaub zusammen und machten sich Schürzen daraus." (1 Mos 3,7)

J: Was bedeutet das: sie erkannten, dass sie nackt waren?

P: Nun, schau. Vor dem Sündenfall liebten sie sich vollkommen in der Gemeinschaft mit Gott. Sie schauten sich an und sahen nicht nur den anderen Menschen darin sondern auch Gott. Sie erkannten im anderen vollkommen Gott und hatten deshalb auch voreinander vollkommene Ehrfurcht. Sie wären nie auf die Idee gekommen, sich nur um der Lust willen hinzugeben. Der Blick war ein „innerer Blick".

J: Dann kann man sich an den anderen erst wirklich hingeben, wenn man ihn als Abbild Gottes erkennt?

P: Ja – und das ist der springende Punkt: Wenn ich den anderen als Abbild Gottes erkenne, dann will ich mit ihm eins werden, dann will ich meine Liebe mit der seinen verbinden, um sie zur vollkommenen Hingabe werden zu lassen. Jemanden lieben, bedeutet ja auch, zu empfinden, dass er etwas ganz besonderes ist. Jemand, den es nur einmal gibt. Und dieses Empfinden lässt mich sein göttliches Abbild erkennen.

Weißt du: die Heilige Schrift nennt die vollkommene Hingabe: den anderen erkennen. Und wenn ich mit dem anderen vollkommen eins werde dann ist es – nach Gottes Willen – immer die Frucht der Liebe zum anderen; eben, weil ich mich ihm vollkommen hinschenken möchte. Die vollkommene Hingabe – nach Gottes Willen – ist also folgendes: Ich erkenne im anderen das Abbild Gottes und liebe ihn deshalb. Ich möchte in dieser Liebe eins werden mit ihm und schenke mich ihm deshalb vollkommen hin: „So sollen auch die Männer ihre Frauen lieben wie ihren eigenen Leib." (Eph 5,28a)

Jesus sagt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." (Mt 22,39b) Er meint damit: Bedenke. Du bist Tempel Gottes und heilig. Achte dich, deine hohe Würde. Lebe in allen Punkten dieser Würde entsprechend. Und liebe auch deinen Nächsten so, dass du diese Würde an ihm respektierst: „Wisst ihr nicht, dass ihr Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn aber einer den Tempel Gottes zugrunde richtet, den wird Gott zugrunde richten; denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr." (1 Kor 3,16-17)

Jesus wusste, dass in uns unreine Begierde ist. Deshalb gab er uns die Sakramente. Seid dem Sündenfall ist unsere Liebe verunreinigt. Wir schenken uns nicht mehr an den anderen, wir nehmen ihn uns. Wenn wir aber nicht hingegeben sind, sondern uns um uns selbst drehen, werden wir nicht frei: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viele Frucht." (Joh 12,24b-25a)

J: Ich soll sterben, um frei zu werden? Wie soll das gehen?

P: Nun, mit „sterben" meint Jesus: sich selbst überwinden. Also alles, was mir lieb ist, aufgeben, Gott schenken, damit er es mir rein wiedergeben kann: „Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden." (Mt 10,39). Die Erbsünde hat in uns bewirkt, dass wir nicht mehr fähig sind, uns dem anderen zum Geschenk zu machen. Aus uns heraus sind wir unfähig, uns vollkommen hinzugeben. Das heißt auch, dass wir ohne Gottes Hilfe nicht fähig sind, uns mit dem anderen rein zu vereinigen.

J: Und das ist Sünde, oder? Ich meine, wenn man sich nicht in Reinheit vereinigt.

P: Ja, denn es weicht vom Plan Gottes ab, den er mit uns Menschen hat. Weißt du, genau das ist das Geheimnis des Kreuzes Christi. Jesus hat sich vollkommen hingegeben. Er hat – stellvertretend für die Menschen – die Angst, sich hinzugeben überwunden. Nun können wir dies als Gnade empfangen. Also werden wir mit Jesus wieder fähig, uns hinzugeben.

J: Und wie?

P: Durch die Sakramente. Diese sind ja nicht ohne Grund da. Jedes Sakrament hilft uns ein Stück, uns wieder in der Ordnung Gottes an den anderen hinzugeben: Durch die Taufe wird uns das göttliche Leben der Gnade neu geschenkt. Wir erhalten wieder die Würde, Kind Gottes zu sein. Also befähigt mich die Taufe, mich der Gnadenordnung Gottes hinzugeben, aus dieser in Fülle zu empfangen. Das Ehesakrament besiegelt den Entschluss zweier Menschen, sich gegenseitig zum Geschenk zu machen. Deshalb sagt die Kirche, dass sich beide dieses Sakrament spenden. Beide machen einander durch das Ehesakrament das Versprechen, alles zu tun, um sich gegenseitig zum vollkommenen Geschenk zu werden.

J: Ja, aber kann man das nicht auch ohne Sakrament. Ich meine, heute gibt es so viele Scheidungen. Wozu dann dieses Sakrament?

P: Das Sakrament der Ehe verbindet die geistige und leibliche Vereinigung wieder mit dem „ewigen Liebesaustausch" der Heiligsten Dreifaltigkeit. So sind sie auch mit der Kraft dieser reinen Liebe durch das Sakrament verbunden und Gott hilft ihnen sich gegenseitig zum Geschenk zu werden wie Er selbst, so zu lieben wie Er liebt.

Man kann einen Ehebund nicht einfach durch eine Scheidung beenden: „So sind sie also nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen." (Mt 19,6)

J: Ja, aber das ist doch ein Widerspruch: Gott sagt, dass sie sich nicht trennen können und die Menschen tun es doch. Das ist ja ein Widerspruch in sich!

P: Nein, denn auch wenn sie sich voneinander scheiden lassen, so bleiben sie doch vor Gott ein Fleisch und eine Person. Verstehst du? Deshalb kann man niemals nach einer Scheidung nochmals heiraten. Die Kirche lehrt dies ganz genau. Du siehst also: es ist ein schwerer Verstoß gegen die Hingabe, wenn man die Ehe bricht.

J: Also ist die Vereinigung von Mann und Frau ist eine Hingabe, die nur durch Gottes Hilfe wahr sein kann?

P: Ja, mit der Gnade Gottes, die er uns dafür im Ehesakrament schenkt. Es liegt in der von Gott gegeben Ordnung dass der Mann sich an die Frau bindet. Die Liebe, die Hingabe an den anderen, fängt erst dann an wieder rein zu werden, wenn man im anderen das Abbild Gottes erkennt. Durch die Ehe geben die Eheleute einerseits die Bereitschaft, diese Reinheit wachsen zu lassen und Gott gibt ihnen andererseits die Zusage, ihnen dabei mit der Gnade zu helfen.

J: Das heißt ja, dass sie sich ohne Sakrament nicht richtig lieben können, oder?

P: Das Fundament für die Liebe ist schon vorher vorhanden. Sie empfinden diese Liebe ja auch vor der Ehe schon. Aus diesem Grund wollen sie ja heiraten. Doch die Liebe bleibt nie stehen, sie möchte immer weiter gehen, in das Ewige hinein. Deshalb ist es notwendig, den Ehebund durch Gott besiegeln zu lassen, ihn auf Gott hin – auf das Ewige hin - auszurichten. Dadurch erst wird die Hingabe vollkommen.

J: Ahhhh, langsam geht mir ein Licht auf. Das heißt, die wahre Hingabe kann nur innerhalb des Sakramentes reifen. Und sie ist nicht etwas, das man sofort hat, sondern etwas, das immer weiter wächst.

P: Genau. Die Eheleute sollen es als Auftrag sehen, das Wesen ihrer Liebe immer mehr zu entfalten. Jedes „Sich-dem-anderen-schenken" bewirkt Erneuerung und Vertiefung dieser übernatürlichen Liebe. Und dazu gehört nicht nur das Ehesakrament sondern auch die Beichte und die Hl. Eucharistie. Beide sind mit der Ehe aufs Engste verbunden.

J: Wieso das?

P: Schau, das Ehesakrament ist so etwas wie der Startschuss: „Wisst ihr nicht, dass die Läufer in der Rennbahn zwar alle laufen, jedoch nur einer den Preis erlangt? Laufet so, dass ihr ihn erhaltet." (1 Kor 9,24) Mit diesem Startschuss beginnt unser Lauf, unser Kampf gegen die Begierde, gegen die Unreinheit in unseren Leidenschaften. Auch nach der Eheschließung sollen beide Ehepartner in der Reinheit wachsen. Ja, es wäre eine Illusion, zu denken, dass die Ehe für beide eine vollkommene Erfüllung ist, wenn man nur das Ehesakrament empfängt, ohne die Hl. Beichte oder die Eucharistie.

J: Ja, aber das heißt ja, dass Gott im Ehesakrament noch nicht alles schenkt, sondern das er mehr fordert als nur das Ehesakrament. Das ist doch sehr unbarmherzig, oder?

P: Wie kommst du darauf?

J: Weil die Menschen durch das Ehesakrament ja schon alles geben, sie schenken sich einander. Und nicht einmal das reicht Gott. Jetzt will er auch noch, dass die beiden beichten und kommunizieren. Ist das nicht ein bisschen viel?

P: Mein liebes Kind, wenn die Ehepartner nicht die Hl. Beichte und die Kommunion empfangen, werden sie sich niemals vollkommen hinschenken können. Gott schenkt uns ja schon in der Taufe die vollkommene Kindschaft, die vollkommene Freiheit und Fähigkeit zur Hingabe zurück. Seine Barmherzigkeit ist also unendlich. Nur das Problem ist: in uns bleibt auch nach der Taufe etwas zurück – eine Folge der Erbsünde – durch die wir zum Bösen neigen.

J: Wirklich? Ja aber dann werden wir ja nie fähig, uns hinzuschenken.....

P: „Jesus blickte sie an und sprach: Bei Menschen ist das unmöglich, bei Gott aber ist alles möglich." (Mt 19,26) Du hast recht: aus uns heraus sind wir nie dazu in der Lage. Deshalb ist es ja auch notwendig, dass Gott uns mit seiner Gnade beisteht: „Gerechtigkeit empfangen sie als Geschenk durch seine Gnade, aufgrund der Erlösung in Christus Jesus." (Röm 3,24). Gott will uns immer seine Gnade zukommen lassen.....

J: ...Moment....warum müssen wir dann noch Sakramente empfangen? Hat Gott es gerne, dass wir uns demütigen?

P: Ja – im positiven Sinne: „Den Demutsvollen schenkt er Huld" (Spr 3,34b) Es gefällt Gott, jene zu erheben, die sich selbst als gering sehen: „Sondern was töricht ist vor der Welt, wählte Gott aus, um die Weisen zu beschämen; und was schwach ist vor der Welt wählte Gott aus, um das Starke zu beschämen, was niedrig ist ist vor der Welt und verachtet, wählte Gott aus, das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zunichte zu machen, damit niemand sich rühme vor Gott." (1 Kor 1,27-29).

J: Wie werde ich so schwach, dass Gott mir seine Gnade schenkt?

P: Indem du dir bewusst bist, dass du schwach bist. Weißt du, alle sind schwach vor Gott. Es ist Stolz, zu glauben, dass man aus sich heraus etwas kann, ohne die Gnade Gottes.

J: Ahhhhhh, so ist das gemeint. Jetzt verstehe ich auch, wieso wir die Sakramente empfangen sollen: Wenn ich weiß, dass ich schwach bin, wenn ich weiß, dass mir Gott helfen möchte, dann gehe ich von selbst zu den Sakramenten. Denn dann ist mir ja auch bewusst, dass die Gnade Gottes notwendig ist, damit ich mich bessern kann.

P: Genau. Gott hat es so gewollt, dass wir uns selbst demütigen und von IHM als erstes lieben lassen, indem wir die Sakramente empfangen. Und im Sakrament bekomme ich dann Kraft und Gnade von Gott. Wenn ich also Demut besitze, dann gehe ich von selbst zu den Sakramenten.

J: Ja, das verstehe ich jetzt. Aber was haben die Hl. Beichte und die Kommunion mit der Ehe zu tun?

P: Glaubst du daran, dass Jesus in der Eucharistie gegenwärtig ist?

J: Die Kirche lehrt das so, aber es ist schwer, das anzunehmen.

P: Warum?

J: Nun, vielleicht ist das alles nur ein Trick von der Kirche, damit ich Kirchensteuer zahle, damit ich nicht austrete.

P: Tja, wenn du mit einer solchen Haltung in die Hl. Messe gehst, wirst du wohl nicht erkennen, dass du in der Hl. Kommunion Gott empfängst. Jesus möchte, dass wir alles wie ein Kind annehmen. Er sagt doch selbst: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis." (Lk 22,19c) In der Heiligen Messe schenkt sich Jesus ganz an uns hin. So wie sich die Eheleute aneinander verschenken. Es ist notwendig, dass beide – nicht nur einmal im Jahr - die Hl. Kommunion empfangen. Sie haben sich ja im Hinblick auf Gott vermählt, der sich uns vollkommen hingibt.

J: Wie ist das gemeint?

P: Schau, die Fülle des Lebens erhalten wir nur durch Jesus: „Jesus sprach zu ihm: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, außer durch mich." (Joh 14,6) Und Jesus hat uns durch seine Hingabe am Kreuz ja gezeigt, wie wir das Leben erhalten. So sollen auch wir uns lieben, wie Gott uns geliebt hat: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt; wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. (Joh 13,34) Wir sollen uns also in allem kreuzigen lassen – im positiven Sinn. Also – um der Liebe Gottes willen – sollen wir uns hingeben. Und das tun wir ja im Ehesakrament.

J: Und was hat das mit der Eucharistie zu tun?

P: In der Eucharistie, in dieser kleinen, weißen Scheibe ist Gott ganz gegenwärtig, mit seinem ganzen Wesen. In der Hl. Kommunion, wenn wir ihn empfangen, kommt er in uns. Er vereinigt sich vollkommen mit uns: seine Seele mit unserer Seele, sein Leib mit unserem Leib, sein Geist mit unserem Geist. Und genau in diese Vereinigung soll die geschlechtliche Vereinigung hineinwachsen. Das Ewige soll sich mit dem Irdischen verbinden, der Himmel mit der Erde. Das betest du ja im Vater Unser, „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden". Es ist wichtig, dass die Eheleute dies verstehen. Denn dann erkennen sie automatisch, dass die Ehe etwas ist, das auf das Ewige ausgerichtet ist. Wir können den anderen ja nur lieben, wenn wir uns selbst geliebt wissen: „Wir lieben, weil er uns zuvor geliebt hat." (1 Joh 4,19) Und darauf ist die Ehe ja ausgerichtet: auf die ewige Liebe Gottes zu uns. Davon ist die Ehe ein Abbild. Alles in der Ehe soll Abbild davon sein. Auch der Geschlechtsakt. Deshalb sollte die Eucharistie die Mitte der Ehe, ja die Mitte des ganzen christlichen Lebens sein.

J: Dann kann man ja den Geschlechtsakt zwischen Mann und Frau niemals von der Liebe trennen, das heißt, von diesem übernatürlichen Band, das beide verbindet. Denn das ist ja die Liebe Gottes.

P: Paulus sagt das ganz genau: „Fortan sollen auch jene, die eine Frau haben, sich so verhalten, als hätten sie keine." (1 Kor 7,29b) In der Ehe besitzt man sich nicht gegenseitig, sondern man gibt sein ganzes Leben an den anderen hin – im Bewusstsein, dass Gott sich uns in Jesus vollkommen geschenkt hat. Alles in der Ehe soll Ausdruck dieses „Sich-dem-Anderen-vollkommen-überlassen" sein. Hingabe bedeutet ja folgendes: sich dem anderen vollkommen überlassen in der Gemeinschaft mit Gott. Die ganze Ehe soll eine einzige Hingabe sein, zu der auch die geschlechtliche Vereinigung gehört. Wenn man diese ohne Hingabe vollzieht, begeht man Unzucht, denn man nimmt sich und dem anderen die Würde, Abbild Gottes zu sein. Man entehrt seinen Leib, der ja seit der Taufe Tempel Gottes ist: „Flieht die Unzucht! Jede Sünde, die sonst ein Mensch begeht, ist außerhalb des Leibes; wer aber Unzucht treibt, der sündigt gegen seinen eigenen Leib." ( 1 Kor 6,18)

J: Was ist denn das, Unzucht?

P: Nun, es bedeutet, dass ich die geschlechtliche Vereinigung mit dem anderen nicht in den Dienst der Hingabe stelle, sondern dass ich diese von der Hingabe trenne. Unzucht begehe ich also immer dann, wenn ich nicht aus Hingabe an den anderen sondern aus Lust diese Vereinigung vollziehe.

J: Und die Hl. Beichte, wozu ist diese da? Im Hinblick auf die Ehe?

P: Wenn wir uns nicht hingeben an den anderen, dann sündigen wir. Wir neigen dazu, uns wichtiger zu sehen als den Nächsten: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, sollt ebenso auch ihr ihnen tun; denn das ist das Gesetz und die Propheten." (Mt 7,12) Verstehst du? Die Gebote Gottes sind nicht eine Einschränkung, sondern eine Hilfe, damit das Leben untereinander gelingt.

J: Und wenn ich dagegen verstoße, muss ich beichten?

P: Du musst nicht, du darfst. Es ist der Weg, wie Gott uns seine Gnade neu schenkt. Wir dürfen ganz von vorne anfangen. Viele sagen, dass es von Gott unbarmherzig ist, dass wir beichten müssen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: in der Beichte dürfen wir ganz von vorne anfangen. Alles, was ich falsch gemacht habe, ist dann vergessen.

J: Hmmm... dann ist es wahrscheinlich ganz wichtig, dass beide Eheleute oft das Sakrament der Beichte empfangen....

P: Genau. Im Ehesakrament versprechen sie sich ja vollkommene Hingabe. Und wenn sie gegen die Liebe verstoßen, dann nehmen sie dieses Versprechen ja zum Teil wieder zurück. Deshalb bringt man dies in die Beichte, und fängt zusammen von vorne an. Und dazu gehört auch, dass man lernt, seinen Ehepartner nicht zu begehren. Das wird oft vergessen. Beide sollen sich der Pflicht bewusst sein, daran zu arbeiten, dass man immer mehr zum Geschenk wird, also dass man sich immer reiner liebt.

J: Ich traue mich nicht, zu beichten. Wie wird der Priester reagieren, wenn ich ihm meine Sünden sage.

P: Da brauchst du keine Angst zu haben. Du darfst darauf vertrauen, dass der Priester einen guten Willen hat. Und dann schenkt Jesus ihm immer die Gnade, dir als Beichtvater so zu begegnen, dass es dir hilft, dass du wirklich Heilung erfährst. Das erste Mal ist das schwierigste. Aber wenn du merkst, was die Beichte bewirkt, dann willst du nicht mehr leben, ohne regelmäßig zu beichten.

J: Und warum beichten dann so wenige? Ich meine, die Beichtzeiten werden doch nie genützt.

P: Vielleicht weil ihnen niemand sagt, was die Beichte in Wirklichkeit ist. In der Beichte erhalten wir von Gott durch die Lossprechung die vollkommene Freiheit zurück.

J: Dann ist sie ja ein ganz großes Geschenk.

P: Ja, die ganze Kirche ist ein ganz großes Geschenk. Und wir sollten all das tun, was sie uns lehrt.

Siehst du jetzt ein, warum die Kirche empfiehlt, die geschlechtliche Vereinigung zwischen Mann und Frau in den Dienst der Ehe zu stellen, damit sie zu einer vollkommenen Hingabe wird? Dass es notwendig ist, die eigene Begierde mit der Hilfe Gottes zu reinigen, damit ich mich hingeben kann?

J: Nicht ganz, ich habe nicht alles verstanden. Es ist alles irgendwie so hoch für mich.

P: Dann lies doch einfach das folgende Buch, das die Theologie des Leibes in einfachen Worten erklärt:

„Theologie des Leibes für Anfänger" von Christopher West im fe-Medienverlag

J: Unendlich ewiges Vergelt’s Gott für das Gespräch.

P: Segne es Gott unendlich ewiglich.

 

(c)+(R)'2000-2009 FJM.jm

 

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