DAS KINDSEIN
Einführung
Was bedeutet es vor Gott ein Kind zu sein? Das ist die Frage, die sich jeder Mensch stellen sollte, weil es die Grundhaltung, der "Schlüssel zum Reich Gottes" ist. Aus Ausgangspunkt für diese Betrachtung wollen wir die Worte Jesu aus dem Evangelium nehmen.
"Lasst die Kinder zu mir kommen und wehrt es ihnen nicht; denn für solche ist das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage euch: Wer das Gottesreich nicht annimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen (Lk 18,16-17)."
Hier bezieht sich Jesus vor allem auf das "Annehmen" des Gottesreiches, also der Liebe Gottes. Im Matthäus-Evangelium ein weiterer wichtiger Aspekt betont: "Wer sich also klein macht wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich (18,4). Hier wird die die Tugend der Demut hervorgehoben.
Bei der Betrachtung des Kindseins nehmen wir uns Jesus und Maria zum Vorbild und versuchen uns in die Worte Jesu in der Haltung des Kindes zu vertiefen. Wir werden hierzu die verschiedenen Eigenschaften eines Kindes betrachten. Alle Eigenschaften des Kindes münden letztlich in einer einzigen Tugend, der Tugend der Herzensreinheit. Diese Betrachtung soll besonders dem Herz-Jesu-Monat gewidmet sein unter dem Leitsatz: "Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen (Mt 5,8)."
Für die Betrachtung des Kindseins an Maria nehmen wir die Haltung aus dem Lukas-Evangelium (2,19): "Maria behielt alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen." Dies können wir besonders an Fleischwerdung des ewigen Wortes im Schoß Mariens betrachten.
Der König der Liebe soll uns in die Herzenshaltung Jesu, seine kindliche Hingabe an den Vater führen. Als Grundhaltung Jesu nehmen wir: "Der Sohn vermag aus sich selber nichts zu tun, was er nicht den Vater tun sieht; denn was dieser tut, das tut auch der Sohn in gleicher Weise. Denn der Vater liebt den Sohn und zeigt ihm alles, was er selber tut (Joh 5,19-20)."
I. Kindsein und Erbsünde
Einleitend betrachten wir kurz, warum der Mensch nicht mehr Kind sein kann und wie wir deshalb den Weg zu Gott über den Weg des Kindseins gehen sollen (dürfen). Der Mensch (Adam) lebte am Anfang in einer vollkommen reinen Herzenshaltung gegenüber Gott. Diese reine Liebe äußerte sich in einer "aufrichtigen Selbsthingabe" (Theologie des Leibes) an den Himmlischen Vater. Die menschliche Liebe war völlig eins mit der Liebe des Heiligen Geistes. Gott und Mensch liebten auf die gleiche Art und Weise. Die Hl. Dreifaltigkeit ist ein "ewiger Liebesaustausch" in selbstloser Hingabe. Das "Element der Hingabe" ist hier das Wesen der Liebe. Gott wollte diese Liebe durch die Erschaffung der Schöpfung und der Geschöpfe ausdrücken. Er gab dazu Adam und Eva einen Leib, damit sie mit diesem Leib in gegenseitiger "aufrichtiger Selbsthingabe" diese Liebe ausdrücken können und so am "ewigen Zeugen" Gottes teilhaben. Adam und Eva waren also von Anfang an zu dieser heiligen und reinen Gottesliebe berufen und sollten Kinder Gottes zeugen. Vor der Erbsünde lebten Adam und Eva in gänzlichem Vertrauen auf die Treue Gottes. Das Vertrauen und die Treue bedingen sich gegenseitig, denn nur wo Treue ist kann auch Vertrauen sein. Treue bedeutet von Gott her ewige Treue, also ohne Begrenzungen. Mit den Menschen wurde also gleichzeitig das Band der reinen Liebe erschaffen, der Heilige Bund, die Ehe als "Ur-Sakrament"(TLA). Die Ehe wurde nicht im Nachhinein von Gott erfunden, sondern geht aus der "Liebesvereinigung" der Hl. Dreifaltigkeit selbst hervor. Es ist der sichtbare Ausdruck des göttlichen Geheimnisses in der Vereinigung von Mann und Frau. Deshalb kann nur die Ehe diesen reinen Ausdruck der Gottesliebe ermöglichen. Vertrauen und Treue sind miteinander verbunden im Band des Heiligen Geistes, in der Trauung. Gott hat also in Adam das Vertrauen gelegt, dass er selbst zu seinem Sohn hat und der Sohn zu ihm selbst im Heiligen Geist. Dieses Vertrauen ist ein kindliches Vertrauen, dass nicht zweifeln kann, weil es weiß, dass Gott immer da ist und immer nur lieben kann. "Gott ist die Liebe" schreibt Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika und genau das wussten Adam und Eva vor der Erbsünde. Deshalb konnten sie auch ganz frei Kinder sein und sich vorbehaltlos der Liebe Gottes als Kinder hingeben. Sie hatten ein reines Herz und erkannten die Treue Gottes zu ihnen zu jeder Zeit. Sie wussten, dass Gott ihnen alles geben wird, ohne Vorbehalt. Sie glaubten der Liebe, weil sie die Liebe Gottes vollkommen erkannten in ihrem Herzen.
Kindsein ist in erster Linie dort möglich, wo man blind auf die Treue Gottes vertrauen kann. Das gilt auch für die Familie auf Erden. Kindsein ist für die eigenen Kinder nur möglich, wo das Kind blind auf die Treue und die Zuverlässigkeit des Vaters und der Mutter vertrauen kann. Das war der Plan Gottes von Anfang an. Er wollte im Menschen seine Liebe offenbaren und einzig aus Liebe hat er den Menschen erschaffen. Der Mensch ist damit das einzige Geschöpf, dass Gott um seiner selbst willen erschaffen hat, als sein Abbild. Er wollte eine größere Familie gründen, eine Gemeinschaft der Heiligen, eine Gemeinschaft der Kinder Gottes, die in einer einzigen, reinen Liebe den einen Vater lieben und ihn allein ehren. Genau das ist auch der Plan für die Ehe. Im Heiligen Bündnis, analog zur Hl. Dreifaltigkeit, sollten reine Kinder Gottes gezeugt, genährt und für die Ausbreitung des Gottesreiches auf Erden bereitet werden.
Wenn nun das Kindsein die Grundhaltung war für die Einheit mit Gott, was wird wohl der Teufel tun um diese Einheit zu brechen? Er wird diese Reinheit der Liebe angreifen, den Geist der Kindschaft lächerlich machen und die Kindheit zerstören. Die Verführung Evas durch den "Vater der Lüge" war ein Angriff auf die Reinheit der Liebe. Somit war es auch ein Angriff auf die kindliche Herzenshaltung und das kindliche Vertrauen. Die Schlange brachte durch ihre Frage, die in sich schon die Lüge enthielt (vgl. Gen 3,1), Eva zum "Bezweifeln des Geschenks" (TLA). Anders gesagt, Eva begann sich um ihr Leben sorgen zu machen, sie glaubte, dass sie sich selbst um ihr Glück kümmern müsse und begann an der Liebe Gottes zu zweifeln. Wir haben betrachtet, dass die reine Liebe vollkommene "aufrichtige Selbsthingabe" ist. Was passierte nun, als Eva das Geschenk des Lebens und der Liebe Gottes bezweifelte? Sie wollte sich nicht mehr aufrichtig selbst hingeben, sondern sie dachte Gott gegenüber in ihrem Herzen unaufrichtig und damit unrein. Ihre Liebe zu Gott wurde verunreinigt. Sie suchte jetzt nicht mehr allein Gott, sondern sich selbst. Das Kindsein und die Selbstlosigkeit der Liebe hatte sich also in das Erwachsensein und die Selbständigkeit der Liebe verwandelt. Papst Johannes Paul II. beschreibt, dass das "Element der Hingabe" zum "Element der Besitzergreifung" wurde. Dort liegt also die anfängliche Ursache jeglicher Angst, Sorge, Not, Misstrauen, Zweifel usw.; bei der Erbsünde. Jeder Mensch trägt diese Wunden in sich. Wenn nun der Mensch dieses Kindsein durch die Erbsünde verloren hat, dann ist es die logische Folge, dass der Weg aus der Sünde zurück zum Kindsein und Vertrauen führt. Die Verunreinigung der Liebe kann man mit "Verselbständigung" der Liebe, der Eigenliebe vergleichen. Das heißt, der Mensch glaubt, er könne ohne Gott etwas zustandebringen und sei selbst stark. Genau darin liegt die größte Lüge und die Aussage der Schlange: "O nein, auf keinen Fall, werdet ihr sterben! Vielmehr weißt Gott, dass euch sobald ihr davon esst, die Augen aufgehen, und ihr wie Gott sein werdet, indem ihr Gutes und Böses erkennt (Gen 3,4-5)." Das "vielmehr weiß Gott" trägt in sich die Aussage, dass Gott den Menschen etwas vorenthalten will und uns betrügt. Es sagt auch aus, dass Gott angeblich ein Tyrann sei und uns erniedrigen und beherrschen will. Die Konsequenz ist, dass Eva sagt, "Ich will mich nicht beherrschen lassen", und deshalb greift sie selbst nach dem Glück. Was passiert? Nach diesem "Greifen" tritt das "Beherrschen" in die Welt, die Unterdrückung, die Gewalt, der Zorn, der Tod. Der Tod ist die Konsequenz davon, dass der Mensch die Liebe besitzen und ergreifen wollte. Die Liebe ist aber immer frei und kann nicht eingesperrt werden, weil Gott frei ist. Gerade darin drückt sich das Kindsein aus, in der Freiheit der Liebe. Aus diesem Blickwinkel können wir dann die Verkündigung Jesu und seine Passion betrachten. Besonders in der Bergpredigt können wir genau seine "Göttliche Pädagogik" erkennen. Er will uns den Weg des Kindseins, der kindlichen Hingabe an den Vater lehren und lebt uns selbst diesen Weg vor. Alle Gleichnisse Jesu sprechen von dieser kindlichen Hingabe, der selbstlosen Liebe, gehen aus dem Geheimnis der Hl. Dreifaltigkeit hervor und münden im Geheimnis des Kreuzopfers und der Hl. Eucharistie. Jesus hat ein "sehendes Herz" (DCE). Er wusste um die Not der Menschen, dass sie ängstlich sind, misstrauisch, auf Äußeres bedacht, geizig, neidisch. Er wusste aber auch, dass dies im Anfang nicht der Wille des Vaters war. Er sieht mit seinem reinen Herzen in die Seelen der einzelnen Menschen und will sich bedingungslos hingeben. Diese große Sehnsucht Jesu drückt er selbst beim Letzten Abendmahl aus: "Sehnlichst habe ich danach verlangt, dieses Pascha mit euch zu essen, bevor ich leide (Lk 22,15)." Die Liebe Jesu ist rein, sie ist kindlich. Das erkennen wir im "König der Liebe". Das Königtum Christi drückt sich in der "königlichen Würde des Dienens" (MD) aus. Die Liebe von Adam und Eva war also am Anfang eine selbstlose, kindliche und dienende Liebe. Diese Liebe suchte nicht sich selbst, sondern nur den anderen. Sie wollte nur das Glück des anderen und sich selbst vollkommen frei und rein als "Geschenk" hingeben. Die Liebe war hier "bräutlich", eine "sich verschenkende Liebe" (DCE). Diese verschenkende Liebe ist die barmherzige Liebe. Das ist die Lehre, die uns Jesus gibt, die vollkommene Gottesliebe und Nächstenliebe. Dieses Gebot der Liebe gibt uns Gott besonders jetzt in dieser apokalyptischen Zeit, in der sich eine "Kultur des Todes" (EV) gebildet hat und die Menschen zunehmend in Angst, Sorge, Misstrauen, Isolation, Gewalt usw. leben. Die Botschaft des Heiligen Vaters, Papst Benedikt XVI. ist die "Große Botschaft der Liebe" für die Welt. Die Welt soll an den gläubigen Christen erkennen, dass wir Kinder Gottes sind und dass unser Vater im Himmel uns liebt. Diese christliche Liebe wird jede Angst, jede Sorge, jeden Zweifel überwinden und uns zur Liebe befreien. Das ist die Lehre Jesu, die Lehre der reinen Liebe. Der Weg des Kindseins ist eine einzige "Schule der Reinheit", eine "Reinigung der Liebe" (DCE). Die Hl. Therese von Lisieux lehrte uns diesen Weg der geistigen Kindschaft und Papst Johannes Paul II. erhob sie zur Kirchenlehrerin. Die Hl. Schwester Faustine schenkte der Hl. Kirche die große Botschaft der Barmherzigkeit Gottes. Kindsein und Barmherzigkeit sind eine Einheit, weil es eine Liebe ist. Die kindliche Liebe ist gleichzeitig die barmherzige Liebe Gottes. So wollen wir nun die einzelnen Eigenschaften des Kindes betrachten auf der Grundlage der Hl. Schrift und des Lehramtes der Hl. Kirche.
II. Eigenschaften des Gotteskindes
1. Reinheit des Kindes
Wir beginnen mit der Eigenschaft der Herzensreinheit, weil diese das Fundament für alle anderen Eigenschaften ist. Ohne die Herzensreinheit sind alle anderen Tugenden ohne Glanz und Kraft. Was bedeutet es rein zu sein? Das ist natürlich eine sehr umfassende Frage, kann aber doch in ganz kurz zusammengefasst werden. Unser Herz ist rein, wenn wir in allem Gott die Ehre geben und allein ihn an die erste Stelle unseres Lebens setzen. Die Reinheit ist die Grundlage, um Gott zu schauen: "Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen (Mt 5,8)."
Papst Benedikt bezeichnet es in einer seiner Ansprachen so: "Heiligkeit ist die Teilhabe des Menschen an der Reinheit des Seins Gottes". Wenn nun Gott als Kind zu uns gekommen ist und wir die Heiligkeit in der Teilhabe an seinem Sein ausdrückt, dann heißt das auch, dass wir heilig werden, wenn wir so wie er ein Kind werden im Geiste.
Die Reinheit des Kindes bezieht sich immer auf die Gedanken, Worte und Werke. In den Gedanken bedeutet dies im Wort Gottes denken, in diesem Wort ein- und ausgehe (vgl. DCE). Jesus sagt uns, dass das all das Böse aus dem Herzen kommt und die Unreinheit aus dem Herzen kommt, d. h. beginnend bei den Gedanken. Diese Gedanken werden zu Worten und unsere Worte erzeugen immer eine Wirkung. Eine erschöpfende Ausführung dieser Thematik ist hier jetzt nicht gefragt, wir wollen es auf das Wichtigste beschränken. Vergleichen wir die Reinheit des Kindes mit einem Säugling. In den Psalmen können wir lesen: "Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge hast du dir Lob bereitet (8,3)." Dieses Worte zitiert Jesus noch einmal, weil sie so wichtig sind (vgl. Mt 21,16). Warum ein Säugling? Was tut ein Säugling? Ein Säugling liegt in den Armen der Mutter und lässt sich dort wiegen, nähren, belehren und lieben. Er ist noch nicht verdorben von den Eindrücken der Welt und kann sich nur auf seine Eltern verlassen. Es ist unwissend und sieht die Welt mit reinen Augen. Ein Säugling kann nicht lesen, schreiben, nicht einmal gehen. Das ist unser Vorbild. Das heißt nicht, dass wir aufhören sollen, zu lesen, zu schreiben oder zu gehen. Nein, damit ist die geistige Haltung des Herzens, die innere Absicht, gemeint. Wir sollen blind und taub werden für die Welt. Wir sollen unsere Sinne der Welt gegenüber absterben lassen und die Möglichkeiten dazu benutzen, um unsere Sinne abzutöten. Die Natur soll in geistiger Weise sterben, d. h. die Sünde im Leib. So schaffen wir die Grundlage, damit unser Herz für die Gnade empfänglich wird und unser Leib vergöttlicht und umgewandelt werden kann. Wenn wir für die Welt blind und taub werden, dann werden wir Gott und dem Nächsten gegenüber sehend und hörend. Unser blindes und taubes Herz wird ein "sehendes Herz" und ein "hörendes Herz" (DCE). Anders gesagt, wir sind nicht mehr verstockte Menschen, die kein Mitleid mit der Not des Nächsten haben, sondern wir werden barmherzige Samariter. Reinheit und Barmherzigkeit sind eine Einheit. Je reiner und kindlicher unser Herz wird, desto barmherziger werden wir, weil wir durch das Äußere hindurch auf die innere Wirklichkeit in Schöpfung und Geschöpf schauen. Wir erkennen im Lichte der Weisheit die Dinge so, wie sie sind. Das ist der "innere Blick" (TLA), der Himmel und Hölle durchdringt.
Das ist die Reinheit des Herzens, dass wir die Liebe Gottes mit unseren Augen wieder erkennen, mit unseren Ohren hören und in unserem Herzen fühlen. Dazu muss unser Herz von aller Verblendung und Lüge gereinigt werden. Das Mittel dazu ist die Hl. Beichte. Wir lassen den Acker unserer Seele reinigen durch den Pflug des Kreuzes und säen anschließend die Saat Gottes, das Wort Gottes. So pflanzen wir neues Leben in uns. Wir lassen uns von der Mutter Kirche mit dem "Brot der Liebe" nähren, der Hl. Eucharistie. Gott Vater und die Mutter Gottes, Maria, schenken uns ihren Sohn in der Gestalt der Hl. Eucharistie, damit wir in ihm zum Kind Gottes werden, beginnend bei der Hl. Taufe. Die Eucharistie ist Kind: "Und wer solch ein Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf (Mt 18,5)." Unser Vorbild ist immer Jesus, der Weg zu Jesus ist Maria. Wir können den König der Liebe im Futtertrog zu Betlehem und die Mutter Gottes als Kind betrachten. Die Abtötung auf dem Weg zum Kindsein erstreckt sich auf das Herz, Leib, Seele und Geist. Selbst unsere Gefühle sollen gereinigt werden. Gott lässt das Leiden, unserer Schwachheit angepasst, zu, damit wir lernen uns ganz ihm zu überlassen. Jesus sagte: "Jede Rebe an mir ... die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringe. Schon seid ihr rein, und zwar des Wortes wegen, das ich zu euch gesagt habe (vgl. Joh 15,2-3)." Unser Gedächtnis, Verstand und Wille werden durch das Wort Gottes gereinigt, so dass unser Eigenwille, unser Verstand, unsere Phantasie, v. a. unsere Erfahrungen der Vergangenheit, sterben und zu einer "Willensgemeinschaft" (DCE) mit dem Willen Gottes geführt werden. Dann erkennen wir, dass sein Wille schon immer unser Wille war, nur bisher hatten wir das nicht erkannt. Dort wo wir diesen Willen durch die Betrachtung des Wortes Gottes erkennen, beginnen wir im Herzen zu verstehen und zu glauben. Automatisch beginnen wir Gott mehr zu lieben, weil wir erkennen, dass er uns zuvor geliebt hat und immer lieben wird, weil er selbst die Liebe ist (DCE).
Ein kleines Kind vor dem Kindergarten geht durch die Welt ohne die Dinge zu beurteilen. Es lässt sich an der Hand der Mutter und des Vaters führen und beginnt Fragen zu stellen. Es hat eine kindliche Neugierde und will die Dinge erforschen. Erst nach und nach beginnt das Kind eigenwillig zu werden und will sich behaupten und selbst entscheiden. Am Anfang kann ein Säugling das nicht, er ruht im Schoße der Mutter. Das ist die Haltung, die wir einüben sollten und uns als Vorbild nehmen sollten. Diesen Weg ging Gott Vater um in seinem Sohn, dem ewigen Wort - dem Logos -, in den Schoß und in das Herz Mariens zu kommen. Er legte sich voller Vertrauen in den Schoß Mariens und bereits hier begann er die Unreinheit der Herzen durch den anfänglichen Ungehorsam von Adam und Eva zu sühnen. Die Reinheit des Kinderherzens können wir nur erlangen, wenn wir bereit sind unser Denken und Wollen ganz Gott zu übergeben, damit er es reinigen kann. Das ist nur durch die Wahrheit möglich, dem Wort Gottes, also Jesus selbst. Die "Kunst der Liebe" besteht in der Hingabe, im Loslassen von seinem eigenen Urteil und den gemachten Lebenserfahrungen. Nur allzu oft sagen und beten wir zu Gott, "ich überlasse mich ganz dir", und im nächsten Moment sichern wir uns bereits wieder selbst ab um im Vorhinein zu erforschen, wie es weitergeht. Wir vertrauen nicht genug, weil wir Jesus und Maria noch zu wenig erkannt haben. Das ist ein Zeichen, dass unser Herz noch nicht "transplantiert" worden ist. So wie wir bisher unser Leben erfahren haben, so ist es wie eine Art Festplatte in unserem Gewissen gespeichert. Die Umwandlung des Herzens ist vergleichbar mit der Defragmentierung der Festplatte im PC. Gott richtet in uns eine neue Ordnung auf, die Ordnung der Wahrheit. Gott Vater will mit seinen Kindern vertraulich umgehen und nicht beherrschend. Jesus hat uns Freunde genannt, wenn wir seinen Willen tun. (vgl. Joh 15,14). Dieser Wille ist, dass wir unser Leben hingeben für die Brüder, d. h. dass wir so lieben, wie Gott uns liebt. Das ist der Sinn jedes menschlichen Lebens! Diese Liebe ist die Kindesliebe, die reine Liebe des Kreuzes. Jesus im Stall von Bethlehem und Jesus am Kreuz auf Golgotha sind eine Einheit. Er ist am Anfang Kind und bleibt am Ende Kind, rein in alle Ewigkeit. Dazwischen liegt der Kreuzweg, die Reinigung der menschlichen Herzen und ungeordneten Leidenschaften durch die Liebe Gottes. Die Reinheit des Kindes ist dann wiederhergestellt, wenn die Leidenschaften des Herzens wieder geordnet sind durch die Wahrheit. Es ist vergleichbar mit einer Reihe von ungeordneten Buchstaben in einem Buch, die einzelnen Seiten liegen völlig durcheinander. Reinigung und Reinheit bedeutet, dass diese Seiten in die richtige Reihenfolge und die Buchstaben in entsprechend der "Rechtschreibung Gottes" in die passende Ordnung gebracht werden. So wie es verschiedene Sprachen gibt weltweit, so hat Gott doch immer eine Sprache, die Sprache der Liebe. Das Wesen dieser Liebe ist die Wahrheit und die Reinheit. Nachdem wir durch diese "Schule der Reinheit" gegangen sind, können wir in diese Buch unseres Lebens wieder lesen. Wir erkennen in unserem eigenen Leben den Willen Gottes und können aus freiem, kindlichen Herzen "JA" zu Gottes Plan mit uns sagen. Die Leidenschaften können nicht ausgerissen werden, sondern nur gereinigt werden durch die Leidenschaft Gottes. Diese Ordnung der Liebe bedeutet, all sein Denken, Wollen, Sehnen, Lieben, seine ganze Kraft mit Leib und Seele auf Gott auszurichten und ihn allein zu suchen.
2. Die Armut und Einfachheit des Kindes
Was bedeutet es arm zu sein? Armut bedeutet Mut zur Schwachheit zu haben, Mut zum Kleinsein, Mut zur Einfachheit. Armut und Einfachheit sind eins, wer arm ist vor Gott, ist auch einfach vor Gott. Wir gehen wieder zurück auf den Säugling. Wie kommt ein Säugling aus dem Mutterschoß auf die Welt? Nackt, ohne Kleidung, ohne alles, er ist nur er selbst. Was hat nun Jesus gesagt zum Reich Gottes? "Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn einer nicht geboren wird von oben, kann er das Reich Gottes nicht schauen (vgl. Joh 3,3)."
Der Eingang in das Reich Gottes ist also eine Geburt. Es ist eine Geburt aus "Wasser und Geist" (vgl. Joh 3,5).
Diesen Zusammenhang wollen wir näher betrachten, um zu verstehen, warum es so wichtig ist, dass wir arm werden vor Gott. Die Seligpreisungen beginnen genau mit dieser Aussage: "Selig, die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich" (Mt 5,3). Armut bezieht sich also nicht nur auf die materielle Armut, d. h. die Güter dieser Welt, sondern vor allem auf die geistige Armut. Diese geistige Armut ist die Haltung der geistigen Kindschaft vor Gott. Diese Kindschaft ist die Haltung der "Armherzigkeit". Im KKK lesen wir von der "Armut des Herzens". Diese Herzensarmut steckt in dem Wort "Barmherzigkeit". Kindschaft und Barmherzigkeit und Armut des Herzens sind wieder eine Einheit. Was bedeutet es, arm im Herzen zu sein. Das Gegenteil von der Herzensarmut ist die Habsucht, das Besitzen und Festhaltenwollen von irdischen Gütern. "Der Stolze strebt nach irdischer Macht, während der Arme im Geist nach dem Himmelreich sucht" [KKK, Nr. 2547; (hl. Augustinus, serm. Dom. 1,1,3)." Armut hat demnach immer mit dem Loslassen der Welt zu tun. "Wenn jemand zu mir kommt und er sagt sich nicht los von Vater und Mutter, Frau und Kindern, Brüdern und Schwestern, ja selbst von seinem eigenen Leben, der kann nicht mein Jünger sein ... So kann also keiner von euch, der nicht von allem sich lossagt,, was er besitzt, mein Jünger sein (Lk 14,26;33)." Wenn Jesus vom "Kommen" spricht, dann meint er damit immer "Hingeben", sich zu ihm auf den Weg machen, sich ihm mit dem Herzen nahen. Wer darf zu ihm kommen? "Laßt die Kinder zu mir kommen und wehrt es ihnen nicht; denn für solche ist das Reich Gottes (Lk18,16)."
Das Reich Gottes ist für die Kinder bereitet. Das Reich Gottes kommt also so, wie ein Kind geboren wird. Das bedeutet für uns, dass wir auch nur so zu Gott geboren werden können, nämlich nackt. Damit ist nicht gemeint, dass wir unsere Klamotten ausziehen sollen, sondern dass wir uns unsere geistigen Kleider des Eigenwillens und der Eigenliebe, das Kleid der Sünde ausziehen lassen sollen. Dafür wird Jesus uns das Kleid seiner Reinheit geben. Das können wir erkennen auf dem Kreuzweg. Der Kreuzweg ist der Weg der Neugeburt für die ganze Menschheit, Tod und Auferstehung Jesu Christi. Auferstehung bedeutet neu geboren zu werden, eine "neue Schöpfung" sein. Der alte Mensch ist gestorben und der neue Mensch ist gestorben. Dazu ist es aber auch notwendig, dass wir alles vom alten Leben und dem alten Menschen sterben lassen, loslassen und Gott übergeben. In diesem Punkt liegt unser größtes Problem. Wir wollen nicht arm sein vor Gott und hängen uns oft an viele irdische Güter um uns abzusichern. Wir klammer uns krampfhaft an Menschen, weil wir Trost suchen und Angst haben fallengelassen zu werden. Deshalb liegt in dem Wort Armut das Wort "Mut". Es braucht vor allem zu Beginn Mut, arm zu werden, weil wir dadurch unsere "menschlichen Sicherungen" aufgeben und auf die Vorsehung Gottes vertrauen. "Wer sich auf die Vorsehung des himmlischen Vaters verlässt, wird von unruhiger Sorge um seine Zukunft befreit (KKK, Nr. 2547)." Es kommt auf das kindliche Vertrauen an. Wenn wir aufgrund zahlreicher Verletzungen und inneren Wunden, die uns in unserem Leben bisher zufügt wurden, nicht kindlich vertrauen können, dann gehen wir im Gebet und in den Sakramenten zu Jesus. Jesus heilt durch seine Wunden unsere Wunden. Er hat sich für uns ablehnen, verwunden und ermorden lassen, damit all unsere innere Wunden, die letztlich alle Ablehnungen der Liebe und Verwundungen des Herzens sind, von innen her geheilt werden. Die Hl. Beichte und die Hl. Eucharistie sind hier die beiden wichtigsten Säulen. Durch seine Armut hat uns Jesus reicht gemacht. Er hat alles in der Welt verschmäht und sich als Sohn Gottes an nichts gehängt, weil er wusste, dass hier nicht sein Ziel ist: "Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, der Menschensohn aber hat nichts, wohin er sein Haupt lege (Mt 8,20)."
Er wusste, dass sein einziger Schatz und Platz im Himmel bei seinem Vater ist und das er einzig die Aufgabe der Erlösung in der Welt hat, d. h. das Zeugnis für die Liebe des Vaters abzulegen, die ursprüngliche Reinheit der Schöpfung und der Geschöpfe wiederherzustellen und die Menschheit zum Vater zurückzuführen. Er kam als Kind in Bethlehem ganz arm in die Welt und ging als Gekreuzigter, entblößt und der Kleider beraubt als Kind wieder in die Arme des Vaters.
An beiden Stationen ist die Mutter Gottes die Vermittlerin. Logischerweise, weil ja die Mutter auch hier auf Erden die Kinder gebärt und nicht der Vater. So hat er diese Neugeburt im Geiste, die Geburt des mystischen Leibes der Kirche durch und in den Menschen auch der Gottesmutter Maria anvertraut, kurz vor seinem Tod am Kreuz: "Siehe deine Mutter" (vgl. Joh 19,27). Jesus ruft uns auf, dass wir uns keine Schätze hier auf Erden sammeln, sondern Schätze im Himmel, "denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein" (vgl. Mt 6,19-21). Diese Armut und Kindschaft hat uns Maria als erste in Vollendung vorgelebt, noch bevor Jesus geboren wurde. Ihr einziger Schatz war Gott. Sie hatte diesen Schatz in sich selbst und schenkte uns diesen "im Acker verborgenen Schatz" (vgl. Mt 13,44). Diese "gute Perle" ist das Jesuskind, der Sohn Gottes, das Wort Gottes, die Eucharistie. Der Weg zu Jesus geht durch die Pforte des Himmels und das ist Maria. Denken wir wieder an die Geburt. Der Geburtskanal im Mutterschoß ist sehr schmal und das Kind wird normalerweise auf natürlichem Weg durch die Geburtswehen unter großen Schmerzen geboren. Der Weg von innen nach außen in die Welt durch diese "enge Pforte" ist auch das Bild für den Weg von der Welt in das Reich Gottes und für den Tod und die Auferstehung Christi. Das Kind geht durch diese enge Pforte um geboren zu werden. Das Reich Gottes ist ebenfalls eine "Geburt von oben" und Jesus sagt uns: "Müht euch, hineinzukommen durch die enge Pforte ... Geht hinein durch das enge Tor ... doch wie eng ist das Tor und wie schmal ist der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden (Lk 13,24; Mt 7,13a;14)." Ja, wie eng ist dieser "Geburtskanal zum ewigen Leben" doch! "Geh und verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach ... Wie schwer gehen die Begüterten in das Reich Gottes hinein! Denn es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher eingeht in das Reich Gottes (vgl. Lk 18,22b; 24-25)." Nun verstehen wir auch, wer uns in besonderer Weise anvertraut ist, damit wir durch diesen enge Pforte (Nadelöhr) hindurchpassen und diesen schmalen Weg finden. Maria! So wie die Mütter in dieser Welt die Kinder durch den Geburtskanal gebären, so gebärt die Mutter Gottes uns durch diese enge Pforte in das ewige Leben. Was ist nun diese enge Pforte? Der Weg auf Golgotha, die Kreuzigung des alten Menschen. Die Stadt liegt auf dem Berge (vgl. Mt 5,14b). Der Weg des Kreuzes ist der Weg des Sterbens von der Welt. Dieser Weg ist deshalb so schmal, weil er so kompromisslos, radikal und gerade ist, nicht weil so wenige auf ihm Platz haben. Alle Menschen sollen auf diesem Weg gehen, weil Jesus selbst, der "Weg, die Wahrheit und das Leben" ist (vgl. Joh 14,6). Es gibt nur diesen einen Weg, deshalb ist er so schmal, weil die Menschen immer einen anderen Weg gehen wollen. Wir sollen in der Welt sein, aber nicht mehr von der Welt. Wir sind der Welt in geistiger Weise gekreuzigt. Unser Herz soll deshalb von allem Irdischen losgerissen werden, damit es sich zu Gott emporschwingen kann. Nur dann können wir Kind sein und in der Freiheit der Kinder Gottes lieben und leben. Das war der Urzustand von Adam und Eva vor der Erbsünde. Sie wussten, dass Gott sie grenzenlos liebt und haben sich ihm wie kleine Kinder im vollen Vertrauen überlassen. Sorgen und Ängste um das Materielle sind eine Folge der Erbsünde. Ein Kind Gottes weiß, dass der Vater immer alles gibt. Genau darin bestand ja die Lüge der Schlange gegenüber Eva. Sie sagte zu Eva, dass Gott "vielmehr weiß" (vgl. Gen 3ff), also ihr etwas vorenthält und nicht alles gegeben hat. Diese Aussage korrigiert Jesus und gibt uns dafür die Wahrheit: "Das Meine ist alles dein, und das Deine ist mein, und verherrlicht bin ich in ihnen ... Ich habe die Herrlichkeit, die du mir gabst, auch ihnen gegeben (vgl. Joh 17,10;22a)."
Arm sein vor Gott ist der Schlüssel zum Himmelreich. Je einfacher wir werden, desto größter wird Gott in uns. Gott ist einfach und hat immer die gleiche und reine Ordnung. Einfach und Einfachheit verstehen sich! Nur der Mensch ist kompliziert, das Böse will alles kompliziert machen, damit wir mit allen Mitteln von Gott abgelenkt werden. Beten wir täglich um die Armut des Geistes und aller Ehrgeiz, Neid, Habsucht wird mit Hilfe der Hl. Beichte und der Hl. Eucharistie bald aus unserem Herzen ausgerissen sein.
Wir betrachtend folgend die nächste Eigenschaft des Kindes, die sich praktisch aus der Armut und Einfachheit des Herzens ergibt: die Unbekümmertheit.
3. Unbekümmertheit
In dem Wort Unbekümmertheit steckt das Wort "Kummer". Kummer hat immer etwas mit Sorge zu tun. Gott wußte das und deshalb gibt uns Jesus dazu in der Bergpredigt eine ganz klare Wegweisung und Mut: "Darum sage ich euch: Macht euch nicht Sorge für euer Leben, was ihr essen oder trinken, noch für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung? (Mt 6,25)" Jesus betont hier zwei wichtige Elemente, das Leben und den Leib. Wenn wir im Johannes-Evangelium dann betrachten, was Jesus über sich selbst sagt, dass er das "lebendige Brot" ist, so erkennen wir, dass er das "Mehr" ist, dass unser Leben und die Speise zu mehr erscheinen lässt. Das Leben wird erste zum Leben, wenn Christus in unser Leben eintritt, wenn mit ihm in "Berührung" kommen. Unser Blick soll sich wandeln, weg vom Äußeren hin zum Inneren, von der sichtbaren Welt hin zur unsichtbaren Welt, zum ewigen Leben. Das ist die Wiederherstellung der Ordnung, nämlich das der Geist das Leben schafft und nicht das Fleisch (vgl. Joh 6,63). Erst wenn wir das verstanden, werden wir frei werden. Unsere Gedanken bewirken Worte und unsere Worte werden in uns Fleisch und auch im Nächsten. Das geistige Leben wird leiblich sichtbar. Das ist der Weg der Offenbarung Gottes, die Theologie des Leibes. Nur durch den Leib kann sich der Geist sichtbar machen, deshalb wurde das ewige Wort Mensch um uns das "von Ewigkeit in Gott verborgenen Geheimnis" sichtbar zu machen. Unbekümmertheit heißt nicht Unzuverlässigkeit und Verantwortungslosigkeit. Unbekümmertheit heißt, dass wir Verantwortung übernehmen in kindlicher Hingabe und darauf vertrauen, dass unser Vater im Himmel uns hilft und uns alles gibt, was wir dazu brauchen. Wir handeln frei und auch mutig. Wir haben in Christus bereits alles empfangen, wir brauchen es nur mit kindlichem Vertrauen anzunehmen. Gerade von dem tiefen Misstrauen in uns, weil wir uns von Gott nicht geliebt fühlen, abgelehnt wurden, kommt die Sorge und Angst des Herzens und wir können nicht empfangen. Wie gesagt, der Leib offenbart die geistige Wirklichkeit der Seele. Das tut er auch in den materiellen Gütern. Dort wo wir frei sind und kindlich auf Gott vertrauen, dort fließt auch die Gnade Gottes und Gott lässt uns die Hilfe zukommen (Das ist der Plan Gottes, den die Menschen durch ihr Machtgehabe behindern, indem sie in Überfluss leben und den Armen ihren Anteil versagen). Unbekümmertheit bedeutet auch vor Gott bescheiden und anspruchslos zu werden. Wer wirklich auf Gott vertraut, dem wird nichts mangeln, niemals. Das würde ja sonst heißen, dass Gott mangelhaft ist und einer Ergänzung bedürfte. Dann sind wir wieder genau bei der Lüge der Schlange angelangt, "Gott liebt dich nicht". Jesus sagt aber: "Macht euch nicht Sorge ... Es weiß ja euer Vater im Himmel, dass ihr all dessen bedürft. Suchet zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit, und dies alles wird euch dazugegeben werden (vgl. Mt 6,31a;32b)." Jesus ruft uns hier wieder zum Kindsein auf, zum kindlichen Vertrauen auf den Himmlischen Vater. Gott liebt uns und würde uns niemals etwas vorenthalten, seine Liebe ist selbstlos, nicht selbstsüchtig und neidisch wie die Lüge der Schlange. Die Unbekümmertheit können wir ganz besonders üben, indem wir den Armen und Bedürftigen von unserem Eigentum geben. Wenn wir bemerken, dass wir an irgendeinem irdischen Gut zu sehr hängen, dann können wir genau das an jemand anderen verschenken. Das ist eine wohlgefällige Tat vor Gott. Wir sind nur so lange neidisch, voller Kummer und eifersüchtig, solange wir nicht im Herzen erkannt und angenommen haben, dass Gott uns liebt. Wenn wir wissen, dass Gott uns liebt und uns alles schenkt zum Leben, dann wollen wir nur noch geben, um den Menschen diese Wahrheit vorzuleben und spüren zu lassen. Wir dürfen nicht darüber nachdenken, was Gott uns dafür zurückgibt, sonst ist dies nichts wert, weil Gott selbstlos gibt, er erwartet nichts zurück. Er liebt uns und bleibt treu, auch wenn wir ihn verlassen. Der Mensch handelt in seiner Eigenliebe nicht so. Wenn wir abgelehnt werden, dann verschließen oder rechtfertigen wir uns und das ist Stolz und Trotz. Wir wollen immer etwas zurückhaben für unseren Dienst. Wir haben zwar einen Recht auf Lohn für die Arbeit, aber wir sollen nie etwas zurückfordern, wenn wir etwas verleihen oder geben. Darin können wir die Armut üben: "Wenn aber du Almosen gibst, so soll deine Linke nicht wissen, was deine Rechte tut, damit dein Almosen im Verborgenen sei; und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten (Mt 6,3-4)."
Kindliche Unbekümmertheit bedeutet, darauf zu vertrauen, dass unser Vater im Himmel, je mehr ich selbstlos gebe, mich umso mehr beschenkt. Deshalb ist es so eine Freude alle zu beschenken. Sorge und Angst sind der Unbekümmertheit entgegengesetzt und diese sind immer damit verbunden, dass wir Angst haben zu kurz kommen. Deshalb geben wir gar nicht oder wir geben mit falscher Absicht, aus Eigennutz und heuchlerischer Voraussicht. Es geht um das kindliche Schenken und Sich-Beschenken- Lassen. Wir haben durch diese Haltung teil am "ewigen Liebesaustausch" der Hl. Dreifaltigkeit. Der Vater verschenkt sich selbstlos an den Sohn und der Sohn an den Vater. Die sich verschenkende Liebe, die Person der Liebe, ist der Hl. Geist. Diese Liebe ist die Barmherzigkeit (Agape), also die Armherzigkeit Gottes, die nicht für sich selbst einkassieren will, sondern einzig geben will und immer bereit ist zu empfangen. "Wenn ihr die liebt, die euch lieben, was für ein Dank steht euch zu? Wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes tun, was für ein Dank steht euch zu? Wenn ihr denen leiht, von denen ihr hofft, es wiederzubekommen, was für ein Dank steht euch zu? Nein, liebt eure Feinde; tut Gutes und leiht, ohne etwas zurückzuerhoffen, und euer Lohn wird groß sein, und ihr werdet Söhne des Allerhöchsten sein ... Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist! (Lk 6,32a;33a;34a;35a;36)."
Der Hl. Geist ist unbekümmert nach den Worten im Buch der Weisheit: "Denn es wohnt ihr ein Geist inne: denkend, heilig, einzigartig, vielfältig, fein, beweglich, durchdringend, unbefleckt, klar, unverletzlich, das Gute liebend ... denn beweglicher als alle Bewegung ist die Weisheit (7,22;24)." Unbekümmertheit heißt Verfügbarkeit und beweglich sein für Gott, leichtfüßig, allezeit bereit auf Gottes Anruf, wie ein spielendes Kind, dass von der Mama oder vom Papa zum Essen gerufen wird. Der unbekümmerte Mensch hat keine Angst vor Schwierigkeiten, weil er weiß, dass Gott es ist, der uns den Auftrag im Leben gab und dass es auch seine Aufgabe ist uns die nötigen Mittel dazu zu geben diesen Auftrag auszuführen und zu vollenden. Die Unbekümmertheit Jesu wird besonders an zwei Stellen im Evangelium deutlich. Zum einen war Jesus vor dem Besuch bei Lazarus in Bethanien in Judäa und die Juden wollten ihn dort steinigen. Trotz dieser großen Gefahr für sein Leben will Jesus wieder dort hingehen und sagt: "Hat der Tag nicht zwölf Stunden? (Joh 11,9)" Er weiß, dass er nie allein ist, sondern der Vater immer bei ihm ist, weil er allezeit das tut, was ihm wohlgefällig ist (vgl. Joh 8,29). Jesus geht kindlich seinen Weg im Wissen, dass der Vater in ihm ist. "Denn der Vater liebt den Sohn und zeigt ihm alles, was er selber tut (Joh 5,20)." Das sollte unsere Gewissheit sein. Der Vater liebt uns und zeigt uns alles, was wir tun sollen um zu ihm zu kommen. Ihm hat es gefallen uns dazu seine Mutter zu geben, Maria. Sie nimmt uns als ihre Kinder an der Hand und leuchtet uns voraus auf dem Weg zu Jesus. Sie führt uns zu Jesus und Jesus führt uns zum Vater. Zu dieser Unbekümmertheit will uns die Mutter Gottes führen.
4. Freude
Mit der Unbekümmertheit unmittelbar verbunden ist die Freude. Der Hl. Paulus schreibt im Brief an die Philipper: "Freut euch allezeit im Herrn; nochmals sage ich, freut euch! (4,4)" Die Freude ist eine Frucht des Heiligen Geistes und gibt uns die Kraft im Guten auszuharren. Die wahre Freude ist ein sicheres Zeichen Gottes. Damit ist die innere Freude gemeint, das bedeutet eine langanhaltende und beständige Freude. Die Freuden der Welt sind vergänglich und zerstören uns innerlich. Die Freude Gottes geht tief und erhebt unser Herz zu Gott. Ein Kind freut sich einfach, dass es ist, dass es einen Grund hat dankbar zu sein. Warum suchen wir oft außergewöhnliche Freuden in der Welt, wie Bungee-Jumping, gefährliche Abenteuer, Drogen, Alkohol usw.? Weil uns die innere Freude und der Frieden in Gott fehlt. Wer sich an Gott und seinen Wohltaten erfreut, der braucht die Freuden dieser Welt nicht mehr. Was gibt uns Grund zur Freude? Ganz einfach, Gott liebt uns! Das sagte uns Jesus als die zentrale Botschaft des Evangeliums. Evangelium heißt ja "frohe Botschaft", eine Botschaft der Freude. Man hat in der heutigen Zeit oft den Eindruck als wäre das Evangelium, so wie es verkündet wird, mit politischen Reden, wirtschaftlichen Aspekten usw., eine Sache des Verstandes und Rationalismus. Das ist grundlegend falsch! Die Botschaft Jesus ist eine Botschaft der Liebe und der Freude. Er ist gekommen, um uns das Leben zu schenken und zwar in Fülle (vgl. Joh 10,10). Er ist gekommen, damit wir seine Freude in Fülle in uns haben (vgl. Joh 17,13). Er ist gekommen, damit die Liebe, mit der der Vater den Sohn liebt, in uns ist (vgl. Joh 17,26b). Ist das kein Grund zur Freude? Brauchen wir noch irgendetwas anderes um uns zu freuen. Können wir etwas Größeres empfangen als Gott selbst, unseren Schöpfer, der uns erschaffen und zuerst geliebt hat. Wir dürfen uns deshalb so freuen, weil Gott für uns gestorben ist und damit jede Sünde in unserem Herzen und unserem sterblichen Fleisch besiegt hat. Er hat durch seine Auferstehung den Tod besiegt, es gibt also keinen Tod mehr, sondern nur noch ewiges Leben, wenn wir es denn glauben wollen! Ist das nicht ein millionenfacher Grund zur Freude? Eine immerwährende Erlösung und Freude bis in alle Ewigkeit, wenn wir einfach nur an Jesus Christus glauben, denn das ist das Werk Gottes, der Glaube an ihn (vgl. Joh 6,29).
Ist es nicht genau das, was den Kindern und Jugendlichen fehlt? Sie suchen Abenteuer, Erlebnisse, sie suchen Spaß und Freude. Sie werden von den Freuden der Welt verführt, weil ihnen niemand verkündet, dass Jesus die einzig wahre Freude ist. Wir sind deshalb voll Freude, weil Jesus uns so geliebt hat, wie ihn der Vater von Ewigkeit her liebt (vgl. Joh 15,9). Auch die Jünger waren voller Trauer, als er ihnen offenbarte, dass er zurück geht zum Vater. Aber warum? Hatten sie einen Grund? Wir sind auch oft voller Trauer, wenn wir ein irdisches Gut oder vielleicht sogar einen guten Freund, einen Familienangehörigen oder gar den Ehepartner verlieren. Das ist normal und liegt in der menschlichen Natur. Jesus ruft uns aber auf, dass wir unser Leben nicht festhalten sollen, sondern kindlich ihm vertrauen sollen, weil der Tod endgültig überwunden ist durch seine Auferstehung. Es gibt keinen Tod mehr. Ist uns das wirklich bewusst? "Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe, denn der Vater ist größer als ich (Joh 14,28)." Die Botschaft der Freude ist die Botschaft, dass Gott uns liebt und immer geliebt hat. Jesus heißt "Gott rettet", er ist unser Erlöser. Das ist die Botschaft der Freude, die Barmherzigkeit Gottes. "Dies habe ich zu euch gesagt, damit meine Freude in euch sei und eure Freude vollkommen werde (Joh 15,11)."
Damit meint Jesus, dass wir uns nicht mehr abmühen sollen in dieser Welt im Glauben, dass Gott uns nicht liebt. Wir sollen unsere Sorgen auf ihn werfen und ihm vertrauen. "Kommt zu mir alle, die ihr mühselig seid und beladen, und ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen, und ihr werdet Erquickung finden für eure Seelen; denn mein Joch ist sanft, und meine Bürde ist leicht (Mt 11,28-30)."
Gott hat uns gerettet, welche Botschaft. Er hat die Welt und den Teufel besiegt durch die Liebe, welche Freude, welche Hoffnung. Wir sind nicht mehr gefangen in unserer Begierde und Schwachheit, wir wurden befreit durch Jesus Christus.
Legende:
TLA = Theologie des Leibes für Anfänger von Christopher West (USA)
DCE = Deus Caritas est (Gott ist die Liebe), Papst Benedikt XVI.
MD = Mulieris Dignitatem (Würde der Frau), Papst Johannes Paul II.
EV = Evangelium Vitae, Papst Johannes Paul II.
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